Dienstag, 28. Juni 2016

Size matters (die umgedrehte Test-Pyramide)

Beim Durchsprechen einer Präsentation für einen unserer Kunden sind ein Kollege und ich zu einer bemerkenswerten Erkenntnis gekommen: die Benutzung der "umgedrehten Test-Pyramide" kann unter Umständen das Gegenteil des gewünschten Effekt bewirken. Um das zu erklären zunächst die Grundlage - das hier ist die Pyramide in ihrer richtigen und in ihrer umgedrehten Form1:


Die richtige Form auf der linken Seite stellt dar wie die Größenverhältnisse zwischen den verschiedenen Test-Arten sein sollten: Sehr viele Unit Tests, weniger Integrationstests und ganz wenige manuelle Tests der obersten Ebene. Die Realität entspricht oft der rechten Darstellung: Viele manuelle Tests, wenige Integrationstests und kaum Unit Tests. Die Präsentation dieser beiden Grafiken soll den Managern des Kunden die Missstände aufzeigen und sie dazu bewegen etwas an ihnen zu ändern. Die Pyramidenform hat sich in diesem Zusammenhang als bewährtes Mittel der Visualisierung erwiesen. Sie lässt sich einfach aufzeichnen, stellt Ebenen und Größenverhältnisse nachvollziehbar dar und ist auch ohne technisches Vorwissen einfach verständlich.

Trotzdem haben wir in dieser Darstellung der beiden Pyramidenformen eine Quelle für Missverständnisse und Fehlentscheidungen entdeckt, und zwar die folgende - beide Pyramiden sind gleich groß. Für eher technikferne Entscheidungsrunden entsteht auf diese Weise der Eindruck, die Testabdeckung wäre in beiden Fällen gleich. Natürlich ist in diesem Zusammenhang offensichtlich, dass die manuelle Ausführung länger dauert, aber das muss ja aus Managementsicht nicht schlimm sein. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein Berliner Startup, dass statt Testautomatisierern manuelle Tester einstellte, da es für das selbe Geld doppelt so viele von denen gab.

Was dabei völlig untergeht ist die Tatsache, dass die rechte Pyramide nicht nur auf dem Kopf steht, sondern, dass ihre Tests in Summe auch eine viel geringere Testabdeckung ergeben, und zwar auch dann noch wenn unproportional viele manuelle Tester eingestellt werden. Weder von der Menge noch von der Frequenz kann eine Ausführung von Hand auch nur in Ansätzen mit einer automatisierten mithalten. In einer guten Präsentation sollte das berücksichtigt werden, ganz einfach dadurch, dass die rechte, umgekehrte Pyramide erkennbar kleiner ist als die linke:


Das alleine kann zwar noch nicht garantieren, dass in den Managementrunden die notwendigen Erkenntnisprozesse stattfinden, es ist aber ein weiterer Baustein. Einer von mehreren die in Summe die klare Botschaft vermitteln sollen, dass die umgekehrte Pyramide etwas schlechtes ist, etwas, dass man so schnell wie möglich loswerden sollte.

1Natürlich ist das eine sehr stark vereinfachte Form, z.B. könnte es noch eine Ebene für automatisierte Oberflächentests geben.

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