Donnerstag, 13. September 2018

Maximum Work in Progress

Bild: Flickr / Alexander Baxevanis - CC BY 2.0
Ein häufiges Problem in Organisationen jeglicher Grösse ist das Untergehen in zu viel gleichzeitig begonnener Arbeit. Das Wechseln zwischen den verschiedenen Kontexten kostet Konzentration und begünstigt Verwechselungen und darauf folgende Fehlentscheidungen, die Menge paralleler Aufgaben sorgt dafür, das Übersichtlichkeit verloren geht und die Vielzahl wartender Stakeholder führt zu Konflikten und Meeting-Overhead. Derartige Zustände müssen verhindert werden, und zum Glück gibt es dafür auch einen Lösungsansatz.

Die Menge der übernommenen Aufgaben lässt sich in den Griff bekommen indem man sich selbst eine Obergrenze setzt (das ist sowohl für einzelne Personen als auch für ganze Teams möglich). Ist diese Grenze erreicht wird kein weiteres Arbeitspaket angenommen. Erst dann wenn eine der begonnenen Tätigkeiten abgeschlossen wird kann eine neue begonnen werden. Diese Obergrenze (das Maximum Work in Progress Limit) ist ebenso einfach wie wirksam - und fast nirgendwo gelingt es sie einzuhalten.

Angesichts des wunderbar einfach anmutenden Werkzeug des Maximum Work in Progress Limit gerät schnell in Vergessenheit, dass hinter gleichzeitigem Arbeiten an zahlreichen Aufgaben in der Regel keine Fahrlässigkeit steckt sondern Notwendigkeit. In arbeitsteilig geprägten Organisationen ist fast niemand mehr in der Lage eine Aufgabe alleine abzuschliessen, immer wieder muss auf Zulieferungen, Genehmigungen, Abnahmen oder Informationen gewartet werden. Manchmal stundenlang, manchmal wochenlang, manchmal noch länger. Um in dieser Zeit nicht untätig sein zu müssen fängt man eben mit der nächsten Tätigkeit an. Und der übernächsten. Und so weiter.

Wirksame Obergrenzen bedeuten demnach in der Regel nicht, dass man sich selber diszipliniert. Wirksame Obergrenzen bedeuten, dass man sich um vorgelagerte, nachgelagerte und parallele Prozesse kümmern muss. Erst wenn die so beschleunigt werden, dass man nicht mehr gezwungen ist auf sie zu warten kann man sich auf wenige gleichzeitige Tätigkeiten beschränken ohne dadurch immer wieder in Phasen der unfreiwilligen Untätigkeit zu geraten.

Um diese Beschleunigung umgebender Prozesse zu erreichen können je nach Kontext verschiedene Massnahmen sinnvoll sein. Die Aufstockung von Ressourcen, der Abbau von Vorschriften oder die Rücknahme lokaler Optimierungen können helfen, meistens können diese Massnahmen aber nicht selbst eingeleitet werden sondern nur von den jeweils betroffenen Einheiten. Mit Glück sind diese auch dazu bereit und in der Lage, mit Pech sind sie es nicht. Es bleibt dann nur noch ein Ausweg: selber machen.

Sowohl viele der vorgelagerten Schritte (Anforderungserhebung, Design, Abstimmung) als auch nachgelagerte Tätigkeiten (Test, Rollout) können von den meisten Entwicklungteams selber übernommen werden, wenn ihnen der nötige Freiraum und die nötigen Werkzeuge gegeben werden. Das genehmigt zu bekommen ist die eigentliche Herausforderung beim Versuch ein Maximum Work in Progress zu etablieren. Und die damit verbundenen Schwierigkeiten sind der Grund dafür, dass man wirksame Obergrenzen so selten finden kann.

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