Dienstag, 13. Juni 2017

Agile Planungshorizonte

Bild: Pixabay / Ryan McGuire - Lizenz
Wenn eine Organisation als Ganzes agil werden möchte steht sie schnell vor dem Problem, dass die Idee ein- bis vierwöchiger Iterationen (Sprints) an ihre Grenzen stößt. Langfristige Planung ist mitunter unumgänglich und muss auch in den neuen Arbeitsweisen möglich sein. Umgekehrt können aber auch Situationen auftreten in denen das Warten auf den nächsten Sprintwechsel unverhältnismässig lange dauern würde. Manche Sachen haben eben nicht Zeit bis nächste Woche. Um zu verstehen welche Planungshorizonte und Reaktionsgeschwindigkeiten zu welchem Themenfeld passen empfiehlt sich eine Kategorisierung, zum Beispiel die nach Strategisch, Taktisch, Operativ und Situativ. Die Auswahl des passenden Vorgehens lässt sich dadurch deutlich vereinfachen.

Strategischer Planungshorizont

Der Name sagt es bereits: auf dieser Ebene geht es um langfristige Weichenstellungen. Das kann etwa bedeuten, dass das Unternehmen sich ein neues Tätigkeitsfeld sucht. Ein gutes Beispiel dafür ist Nokia, das als Papierfabrik begann, später Gummiprodukte herstellte und schliesslich zu einem Technologiekonzern wurde. Eine andere langfristige Umstellung ist die agile Transformation selbst, wie z.B. die der ING. Langfristige Orientierung bedeutet übrigens nicht, dass es keine kurzfristigen Entscheidungen geben kann, sie sollten aber auf das strategische Ziel einzahlen.

Taktischer Planungshorizont

Hier geht es um die mittelfristige Planung, zum Beispiel wenn für eine Produktneuheit das Weihnachtsgeschäft noch mitgenommen werden soll oder wenn sich zum Jahresende die Gesetzeslage ändert. Gegebenenfalls bedeutet das, das man früher mit einem kleineren Funktionsumfang live geht oder Ressourcen von einem Produkt zu einem anderen verschiebt. Vor allem in Unternehmen die ihr Budget bisher jahresweise verplanen ist das eine Umstellung die größer ist als man im ersten Moment denken sollte, nicht zuletzt weil es Jahresziele und Erfolgsboni in ihrer bisherigen Form unmöglich machen kann.

Operativer Planungshorizont

Hier sind sie, die Sprints. Planung für ein bis vier Wochen, Review, Retrospektive, neue Planung, etc. In den meisten Fällen wird es auf dieser Ebene keine größeren Weichenstellungen mehr geben, sondern nur noch Anpassung und (Re)Priorisierung von Sprintzielen und Sprintinhalten. Auch das Abbrechen von Sprints gehört hierhin. In vielen Teams ist diese Planungstiefe und -frequenz die Einzige, was allerdings ein Antipattern darstellt das man beseitigen sollte.

Situativer Planungshorizont

Ein Grenzfall. Kann man bei kurzfristigen Änderungen noch von Planung sprechen? Ja, man kann, wenn das große Ganze dabei im Blick bleibt. Andon (das Beheben einer Fehlers sofort nach seiner Entdeckung) gehört in diesen Bereich, aber auch das Beheben von Impediments oder das Aufteilen von sich als zu groß herausstellenden Arbeitspaketen in kleinere.

Was übrigens bei diesen Planungshorizonten klar sein muss - sie entsprechen nicht notwendigerweise Hierarchiestufen. Strategische Weichenstellungen können auch zusammen mit den an der Umsetzung beteiligten Teams erarbeitet werden und umgekehrt können Manager sich als Stakeholder an Sprint-Reviews beteiligen. Agil zu arbeiten bedeutet, dass auch solche Konstellationen möglich sein müssen.

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