Montag, 27. August 2018

Deine Muda: Motion

Bild: Wikimedia Commons / Roger & Renate Rössing - CC BY-SA 3.0
Vierter Teil der Deine Muda-Serie. Die dritte Art der Mudas (無駄), also der nicht gewinnbringenden (und aus diesem Grund zu vermeidenden) Tätigkeiten des Toyota Production System ist die Bewegung, auf Englisch Motion. Da sie häufig mit der ersten Muda (Transportation) verwechselt wird macht eine Differenzierung Sinn: unter Transportation versteht man die Bewegung von Gütern, unter Motion die Bewegung von Personen.

Dass diese Personenbewegung als nicht gewinnbringende Tätigkeit gesehen wird liegt daran, dass eine Person während sie sich bewegt nicht in der Lage ist an wertschöpfenden Tätigkeiten teilzunehmen. Wer zu Fuss, mit dem Fahrrad, dem Motorrad, der Strassenbahn oder dem Auto unterwegs ist kann währenddessen nicht arbeiten - wenn er im Auftrag der Firma reist kostet er aber Geld (Zeit/Gehalt). Bis zu einem gewissen Grad kann das in einigen Fällen ausgeglichen werden (z.B. ist arbeiten im Zug eher möglich, zumindest am Computer), auch hier geht aber Zeit durch Planung, Umsteigen, etc. verloren.

Sogar innerhalb eines Gebäudes kann dieses Problem auftreten, besonders dann wenn es sich um Hochhäuser oder weitläufige Anlagen handelt. Ein Scrum Team bei dem die Entwickler im Erdgeschoss sitzen, der PO aber im 10. Stock wäre ein solcher Fall. Ein Team das seinen Arbeitsbereich im Flügel G hat, seinen Meetingraum aber im Flügel B ein anderer. Beides sind real existierende Beispiele aus deutschen Konzernen und in beiden Fällen werden erstaunliche Zeitmengen in Fluren, in Treppenhäusern und in Fahrstühlen verbracht.

Die Besonderheit der Motion-Muda ist, dass für ihre Beseitigung zwei Ansätze möglich sind: man kann die Mitglieder eines Teams oder einer Wertschöpfungskette in einen Raum setzen (oder zumindest auf einen Flur) oder man kann versuchen sie durch digitale Lösungen zu vernetzen, etwa durch Chatprogramme, Videotelefonie und Ticket-Tools. Aus Sicht eines Agile- oder Lean-Coaches wäre Ansatz eins zu bevorzugen, da er einfachere und direkte Kommunikation ermöglicht, in den meisten grossen Organisationen findet man eher Ansatz zwei, da er mit den ohnehin an jedem Arbeitsplatz stehenden Computern einfacher umzusetzen ist.

Dort wo ernsthaft an der Reduzierung von Personenbewegung gearbeitet wird tritt übrigens ein interessanter Seiteneffekt auf: in den meisten Fällen führen diese Bemühungen dazu, dass Teams kleiner, autarker und crossfunktionaler werden. Nur dann lässt sich die Anzahl der für die tägliche Arbeit nötigen Meetings herunterfahren. Der Grossteil aller Personenbewegungen hat nämlich das gleiche Ziel: einen Meeting-Raum.

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