Freitag, 31. Januar 2020

Kommentierte Links (LVIII)

Bild: Unsplash / Dayne Topkin - Lizenz
  • Holger Schmidt: „Noch ist das Gerede von Industrie 4.0 Unsinn“

  • Hier wird Einiges an Content geboten. Sowohl der verlinkte Artikel als auch das dort eingebettete Video sind sehenswert für jeden der davon ausgeht, dass Deutschland (oder sonst irgend ein Land auf der Welt) seine produzierende Wirtschaft schon auf die so genannte "Industrie 4.0" umgestellt hat. Der Grund dafür ist, dass die dafür notwenige Datenerhebung und Datenzusammenführung noch immer in fast keinem Unternehmen stattfindet. Nicht etwa weil das nicht gewollt ist sondern weil die (meistens Jahrzehnte alten) Anlagen einfach nicht so gebaut sind, dass das möglich wäre. Passend dazu auch dieser Artikel von Frank Thelen in dem er davon ausgeht, dass Tesla von den deutschen Autobauern kaum noch einzuholen ist - weil es anders als diese grossen Wert auf Datenerhebung und -auswertung legt.

  • Willem-Jan Ageling: Scrum didn’t work for us, so we went back to PRINCE2 / PRINCE2 didn’t work for us, so we went back to Scrum

    Hier wird der Finger in eine Wunde gelegt, die in mehr als einer Hinsicht schmerzt. In diesen zwei fast identischen Artikeln zeigt Willem-Jan Ageling auf, dass die Einführung von Agilität in grossen Organisationen an der selben Unwilligkeit sich an Prozesse zu halten scheitert wie zuvor die Einführung von eher klassischen Management-Vorgehen (Stichwort Konzern-Anarchismus). Und mehr als das - auch dass diesen ihre scheinbare Erfolglosigkeit genauso wenig vorgehalten werden kann wie den agilen Frameworks ihre oft scheiternde Umsetzung. Es ist in den meisten Fällen nie ernsthaft versucht worden. Ein ernsthafter Vergleich dieser Ansätze dürfte daher in den meisten Fällen unmöglich sein - in ihrer eigentlich angedachten Form kennt man beide oft nur vom Hörensagen.

  • Nadja Kupsa / Gerald Hüther: "Kinder machen sich aus Liebe zu Eltern selbst unglücklich"

    Zunächst ein scheinbar abseitiges Thema - was hat kindliche Entwicklung mit Agile, Scrum, Kanban, Change Management und dem ganzen Rest zu tun? Erstaunlich viel. Gerald Hüther gibt hier einen hochinteressanten Einblick in die Entstehung und die Folgen von Konformitätsdruck. Kurz zusammengefasst: er ist nicht grundsätzlich schlecht, hat aber häufig die negative Auswirkung, dass das eigene (Kreativ)Potential nicht mehr abgerufen werden kann. Was das für Folgen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben kann wird an Beispielen erläutert, und auch einen Lichtblick gibt es: dank der Neuronalen Plastizität kann man Deformationen noch bis zum Lebensende ausgleichen.

  •  Naomi Stanford: Decaf, pragmatic and real resistance

    Dass es keinen Widerstand gegen Veränderungen gibt sollte Allgemeinwissen jedes Menschen sein, der sich mit Organisationsentwicklung beschäftigt. Widerstand gegen vom Betroffenen als negativ wahrgenommene Veränderungen gibt es aber, und Naomi Stanford versucht sich an einer Kategorisierung.
    • "Entkoffeinierter Widerstand" ist abgeleitet von entkoffeiniertem Kaffe - er fühlt sich ähnlich an, entfaltet aber keine nachhaltige Wirkung. Im Wesentlichen besteht er aus mehr oder weniger lautem und sarkastischen Anzweifeln der Wirksamkeit.
    • Pragmatischer Widerstand ist der Versuch irrationale oder untereinander widersprüchliche Arbeitsanweisungen so zu umgehen, dass produktives Arbeiten wieder möglich ist. Erinnert stark an Luhmanns brauchbare Illegalität.
    • Echter Widerstand ist das, was der umgangssprachlichen Definition von Widerstand am ehesten entspricht, von der Auflehnung und Verweigerung bis hin zum Whistleblowing. In der Wirklichkeit sehr selten anzutreffen, da es mit der Gefahr von Statusverlust und Karrierenachteilen verbunden ist.
    Erwähnenswert ist an Stanfords kurzer Liste die wissenschaftliche Fundierung. Sowohl das Konzept des "entkoffeinierten" als auch das des pragmatischen Widerstands beruhen auf Publikationen in denen das Thema weiter vertieft wird.

  • Ray Arell: Viable Organizations with Beer

    Zugegeben, dieser Artikel ist vor allem wegen seines Namens verlinkt. Lesenswert ist er aber trotzdem. Ein weniger Clickbait-artiger Titel hätte darauf verwiesen, dass es hier um das Viable Systems Model geht, das 1972 von Stafford Beer entwickelt wurde. Um noch mehr Klickbait einzubringen - es geht in ihm um Management-Kybernetik.

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