Dienstag, 12. Juni 2018

Where there is no vision, the people perish

Bild: Pexels / Simon Migaj - Lizenz
Aller Anfang ist hart, aber wenn es eine Organisation einmal geschafft hat agile Strukturen bei sich einzuführen ist sie zu Erstaunlichem in der Lage. In kurzen Abständen kann sie ihren Kurs anpassen, neue Wege in Technik und Fachlichkeit gehen, neue Kunden ansprechen und mit neuen Partnern kooperieren. Das alles vermag sie nicht nur einmal zu tun sondern beliebig oft, immer wieder und wieder. Und wenn sie Pech hat wird es dann genau so kommen.

So schön die mit Agilität einhergehende Reaktionsgeschwindigkeit auch ist, sie kommt mit einem Preis. Fertige Features wieder auszubauen oder bereits beschlossene Pläne zu verwerfen wird immer dazu führen, dass gewisse Aufwände umsonst gewesen sind und ggf. sogar mit Zusatzaufwänden rückgängig gemacht werden müssen. Wo das regelmässig passiert (und das ist an mehr Stellen als man denken sollte) führt es zu hohem Ressourcenverbrauch und zu zurückgehender Motivation der Mitarbeiter, die das Gefühl bekommen umsonst zu arbeiten. Ein solcher Zickzack-Kurs sollte also möglichst vermieden werden.

Eine gute Möglichkeit dem entgegenzuwirken ist die Schaffung einer übergreifenden Produktvision für die beteiligten Teams, z.B. "Wir wollen für unsere Kunden alle Bankdienstleistungen auf dem Handy verfügbar machen". Die hilft zum einem dabei unnötige Features zu identifizieren und gar nicht erst zu bauen (etwa eine nur auf dem Desktop verfügbare Anwendung), zum anderen kann dadurch erkennbar werden wo noch zu füllende Lücken in der Anwendungslandschaft sind die die Teams noch unter sich aufteilen müssen (z.B. wenn auf dem Handy noch keine Kontoauszüge einsehbar sind).

Um die Teams nicht zu sehr einzuengen (was Agilität und Reaktionsgeschwindigkeit reduzieren würde) sollte eine Produktvision nicht zu stark ausformuliert sein. Zwar sind unter dem einen, plakativen Satz häufig noch einige erklärende Zeilen zu finden, sobald diese aber mehrere Absätze (oder noch schlimmer: Seiten oder Kapitel) umfassen ist das ein klares Zeichen für einen zu hohen Detaillierungsgrad. Wenn sie es wollen können Teams sich aus der grossen Vision kleinere Teilvsionen ableiten, aber wenn das geschieht sollten sie es selbst tun, nicht ein Manager oder Koordinator. Das würde die Selbstorganisation untergraben.

Wer die übergreifende Produktvision formuliert kann übrigens von Produkt zu Produkt und von Firma zu Firma unterschiedlich sein, vom Firmeninhaber bis zu einer PO-Community ist alles denkbar. Demjenigen oder denjenigen sollte nur klar sein, dass es ein Balanceakt ist. Wie oben erwähnt: ohne klare Vision droht Beliebigkeit, bei zu viel Details erstarren die Strukturen. Der anzustrebende Punkt liegt irgendwo in der Mitte dazwischen.

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