Donnerstag, 26. Juli 2018

Deine Muda: Inventory

Bild: Flickr/GOVBA - CC-BY-2.0
Dritter Teil der Deine Muda-Serie. Die zweite Art der Mudas (無駄), also der nicht gewinnbringenden (und aus diesem Grund zu vermeidenden) Tätigkeiten des Toyota Production System ist die Lagerhaltung, auf Englisch Inventory. Auf den ersten Blick ein Problem das vor allem in Hardware-produzierenden Branchen auftritt, auf den zweiten Blick aber auch eines der Software-Industrie.

Zunächst zum Grundsätzlichen: warum ist Lagerhaltung ein Problem? Weil Güter die gerade gelagert werden gebundenes und nicht nutzbares Geld darstellen. In ihren Einkauf oder ihre Herstellung musste bereits investiert werden, so lange sie irgendwo gestapelt liegen kann mit ihnen aber kein Gewinn erwirtschaftet werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von totem Kapital. Lagerhaltung zu vermeiden erhöht demnach die Liquidität und spart nebenbei noch die Kosten für die Anlagen in denen die Lagerung stattfindet.

Auch in der Softwareentwicklung gibt es das Phänomen, dass "auf Halde" produziert und dadurch totes Kapital angehäuft wird. Es tritt da auf wo Deployment- und Rollout-Prozesse so schwerfällig, bürokratisch und arbeitsaufwändig sind, dass ein Go Live neuer Features nur alle paar Monate möglich ist, im schlimmsten Fall nur ein- oder zweimal pro Jahr. Auch hier liegt zwischen dem Ausgeben von Geld für Lizenzen und Gehälter und dem Erwirtschaften der ersten Gewinne des neuen Produkts ein langer Zeitraum. Wirtschaftlich vernünftig ist das nicht.

Was spezifisch in der Software-Industrie dazukommt ist das Risiko, dass mit veraltenden Anwendungsteilen einhergeht - und veraltet ist Software mitunter schon nach mehreren Monaten "Lagerzeit". Wenn über längere Zeit hinweg Features zwar produziert aber nicht integriert werden (oder nicht mit echten Produktionsdaten laufen, oder keine echte Schnittstellenanbindung haben, etc.), dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Go Live Ausfälle, Hotfixes und übereilte Anpassungen nach sich zieht. Das kostet dann wieder Zeit und Geld.

Um eine derartige Folgen von Lagerhaltung fertiger Features zu vermeiden ist es nötig, dass die für einen Go Live nötigen Prozesse und Arbeitsschritte verschlankt, beschleunigt, digitalisiert und automatisiert werden. Erst wenn es möglich ist mindestens monatlich auf Produktion zu deployen können totes Kapital und ausufernde Integrations- und Bugfixing-Phasen vermieden werden. Das ist zwar nicht einfach, es ist aber machbar. Und es ist ein Business-Case.

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