Sonntag, 29. Dezember 2019

Kommentierte Links (LVI)

Bild: Unsplash / Compare Fibre - Lizenz
Leicht verfrüht: die Kommentierten Links des Dezember. Übermorgen mit einer weiteren Ausgabe, mit den Links die es zu Unrecht nicht in die Kommentierten Links der vergangenen Monate geschafft haben.
  • Jason Little: Boundaries, Interventions, and Baby Ducks

  • Zum Ende des Jahrzehnts reflektiert Jason Little über die Unternehmenstransformationen die er in dieser Zeit begleiten durfte. Dabei identifiziert er drei Konzepte die man sich bei derartigen Vorhaben vor Augen führen sollte:
    • Interventions-Punkte - Es gibt gute und schlechte Momente um Veränderungen anzustossen. Gut ist z.B. vor oder während der Planung des nächsten Jahres, schlecht unmittelbar danach.
    • Einfluss-Sphären - Wo sind Prozesse und Strukturen selbst verantwortet und gestaltbar und wo sind sie es nicht? Und dort wo sie es nicht sind: würde sich der dort verantwortliche an Veränderungen beteiligen?
    • Entenküken-Syndrom - Genau wie Entenküken zu den ersten von ihnen wahrgenommenen Wesen eine starke emotionale Bindung entwickeln können Menschen vergleichbare Bindungen zu Programmiersprachen, Management-Ansätzen, etc. entwickeln.
    Während die ersten beiden Konzepte weitgehender Common Sense sein dürfte ist das das dritte eines das selten bedacht wird. Eine Gesetzmässigkeit kann man sicher nicht ableiten, einige Überlegungen ist es aber definitiv wert, sowohl in der Organisationsentwicklung als auch in der Selbstreflektion.

  • Marcus Raitner: Vorleben und infizieren statt abholen und mitnehmen

    Mehr zum Thema Unternehmenstransformation. Um beim gerade genannten Konzept der Einfluss-Sphären zu bleiben - Change Management kann die offiziellen Prozesse und Vorschriften beeinflussen, die inneren Motivationen und Verhaltensmuster dagegen nicht. Dort wo es versucht wird zeugt schon die Wortwahl von Paternalismus und Entmündigung, etwa dann wenn die Mitarbeiter "mitgenommen" werden sollen. Der von Marcus Raitner bevorzugte Weg sieht anders aus, es ist der "virale Wandel". Um ihn zu starten müssen einzelne kommunikationsstarke und vom Sinn der Veränderungsvorhaben überzeugte Personen gefunden werden, die diese so vorleben, dass andere von sich aus folgen wollen. Die (schwierige) Management-Aufgabe in diesem Modell ist es diese Personen zu finden und in die entsprechenden Positionen zu bringen.

  • Sonja Blignaut: Reconceptualising organisations - from complicated machines to flowing streams

    Noch mehr zum Thema Unternehmenstransformation. Sonja Blignaut geht davon aus, dass (produkterzeugende) Organisationen aus nichts anderem Bestehen als aus Wert- oder Handlungsströmen (Flows), die zwar bis zu einem gewissen Grad in bestimmte Richtungen gelenkt werden können, sich aber letztendlich immer den geradesten Weg Richtung Ziel suchen - im Zweifel auch an den offiziellen Prozessen vorbei. Ein interessanter Ansatz, der aber konsequent zu Ende gedacht neue Fragen aufwirft: was passiert mit Einheiten zu denen der Zufluss so verstopft ist, dass der Strom an ihnen vorbeifliesst (→ Thromben und Embolien) und wie kann dafür gesorgt werden, dass an kritischen Stellen Druck nicht zu Ausweichreaktionen sondern zu Gegendruck führt (→ Nicht-Newtonscher Flow)? Auf jeden Fall eine Anregung zum Nachdenken.

  • Christiaan Verwijs: Actual stakeholders? Or just your audience?

    Ein Grundlagen-Thema über das zu selten nachgedacht wird: wer sind eigentlich diese Stakeholder mit denen ein agiles Team regelmässig interagieren soll? Ausgehend von dem leider weit verbreiteten Antipattern, dass nur Firmen-interne Kollegen in diese Kategorie fallen versucht sich Christiaan Verwijs an einer besseren Definition. Die von ihm gefundene lautet: "Jeder der etwas zu gewinnen hat wenn das Team gute Arbeit leistet oder etwas zu verlieren hat wenn das nicht der Fall ist". Im Vergleich zur internen Lösung ein deutlich besserer Ansatz, wenn auch einer der immer noch Interpretationsspielraum lässt. Würde beispielsweise eine Audit- oder Revisionsabteilung nach dieser Definition ein Stakeholder sein? Vermutlich läuft es wieder auf die klassische Antwort hinaus - es kommt drauf an.

  • Gojko Adzic: Deliberate Side-Products

    Wenn es um die Ursachen der Komplexität von Anwendungen und Produkten geht werden immer die gleichen Gründe genannt. Technischer Wandel, sich ändernde Nutzervorlieben, wachsende Funktionsumfänge, hohe Abhängigkeiten, etc. Was selten genannt wird ist der Wunsch der beteiligten Entwickler innovative oder anspruchsvolle Technologien auszuprobieren. Gojko Adzic beleuchtet von verschiedenen Seiten wie es dazu kommen kann und hat mit seinen "Deliberate Side-Products auch eine Lösung parat. Auch der eine oder andere Agile Coach könnte sich ertappt fühlen, denn auch hier gibt es immer wieder überkandidelte methodische Lösungen, die besser nicht in kritischen Bereichen ausprobiert worden wären.

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