Dienstag, 19. August 2025

Das wichtigste Meeting in Scrum

Bild: Unsplash / Austin Distel -

Für viele Scrum Master oder Scrum Teams ist die Frage nach dem wichtigsten Scrum-Meeting schnell beantwortet: die meisten werden schnell die Retrospektive nennen, die in der Regel als das Inspect & Adapt-Event schlechthin gesehen wird. Ein nennenswerte Minderheit dürfte eher zum Daily Scrum tendieren, in dem auf tagesaktueller Basis der Arbeitsfortschritt besprochen wird. Ich dagegen würde ein drittes Meeting als das wichtigste bezeichnen: das Sprint Review.


Um zu verstehen wie ich dazu komme besinnen wir uns kurz auf etwas Grundlegendes: der einzige Existenz-Zweck eines Scrum Teams ist die Lieferung von benutzbarem Mehrwert für ein Markt- oder Kundensegment. Alle anderen üblicherweise angestrebten Ziele (schlanke Prozesse, schnelle Reaktionsfähigkeit, technische Exzellenz, psychologische Sicherheit, etc.) sind nur Mittel um dieses Haupt-Ziel zu erreichen denn nur dieses Hauptziel sichert das wirtschaftliche Überleben.


Die Überprüfung, ob auf dieses Hauptziel noch immer hingearbeitet wird könnte nun theoretisch in jedem der Scrum Meetings stattfinden. Im Planning sollten nur wertstiftende Sprintziele eingeplant werden, im Daily sollte sichergestellt werden, dass nur auf dieses Ziel hingearbeitet wird, in der Retrospektive kann daran gearbeitet werden, all das nochmals zu optimieren. Eines aber ist in all diesen Meetings nicht möglich: zu überprüfen, ob wirklich Wert geschaffen wird.


Der Grund dafür ist einfach: in allen Regel-Meetings (mit der einen Ausnahme des Sprint Reviews) sind die meisten Scrum Teams unter sich. Ob tatsächlich etwas Wertschöpfendes geplant und geschaffen wird, sehen sie dort nur aus ihrer subjektiven Perspektive - und schlimmstenfalls ist die verfälscht, durch Group Think, Betriebsblindheit, Confirmation Biases und andere Antipattern. Derartige Teams bauen ihr Produkt de facto nur noch für sich, und oft genug an ihrer Zielgruppe vorbei.


Um es dazu nicht kommen zu lassen hilft nur eines: die eigene Filterblase regelmässig platzen lassen und den Kontakt mit der echten Welt da draussen suchen. Nur echte Kunden (und wenn die nicht greifbar sind dann wenigstens echte Kundenservice- oder Vertriebsmitarbeiter) können wirklich sagen, ob eine Nutzungs- und/oder Kaufbereitschaft für das erstellte Produkt besteht. Und diese echten Kunden oder Kundenvertreter trifft das Scrum Team eben im Sprint Review, das darum das wichtigste Meeting ist.


Das heisst natürlich nicht, dass die anderen Scrum Meetings unwichtig sind, im Gegenteil. Jedes von ihnen erfüllt einen bestimmten und entscheidenden Zweck. Aber in Relation zum Sprint Review und seiner für die Validierungs des Existenzwecks des Team elementaren Funktion treten sie alle ein Stück in den Hintergrund. So zumindest meine Meinung, die ich schon seit Jahren und in jeder sich bietenden Diskussion gerne verteidige.


Der Vollständigkeit halber sei natürlich erwähnt, dass es in Scrum theoretisch auch noch andere Möglichkeiten gibt, durch Zielgruppen- oder Stakeholder-Einbindung aus der eigenen Filterblase herauszukommen. Mehr dazu hier. Aber nach über 10 Jahren in zig Unternehmen traue ich mir die Aussage zu, dass das nur in sehr, sehr wenigen Teams stattfindet. Warum auch immer.

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