Freitag, 22. August 2025

Deine Muda: Den Schuldigen suchen

Zwölfter Teil der Deine Muda-Serie. Neben den sieben klassischen Mudas (無駄), also den nicht gewinnbringenden (und aus diesem Grund zu vermeidenden) Tätigkeiten des Toyota Production System, können auch weitere Mudas identifiziert werden. Welche das sind kann je nach Unternehmen und je nach Kontext unterschiedlich sein, weshalb diese hier nicht den Anspruch erheben kann kanonisch zu sein. Ressourcenverbrauchend und nicht gewinnbringend ist sie trotzdem: das Suchen nach einem Schuldigen.


Dass immer dann, wenn irgendetwas schief gelaufen ist, zuerst nach einem Schuldigen gesucht wird, ist ein verbreitetes Phänomen. Wie konnte das passieren? Wer hat da nicht aufgepasst? Wessen Aufgabe wäre es gewesen das zu verhindern? Wer wäre verantwortlich gewesen für einen Prozess der das verhindert? Solche und ähnliche Fragen sind absolute Klassiker, wenn es um die Aufarbeitung geht, und sie alle haben eines gemeinsam: sie sind nicht besonders zielführend.


Zunächst führen sie immer wieder zu einem erstaunlichen Forschungs- und Exegese-Aufwand, um rückwirkend aus irgendeiner Vorschrift oder Abmachung ableiten zu können, wer sich theoretisch oder nach "gesundem Menschenverstand" hätte verantwortlich fühlen müssen, oder wer irgendwann mal eine Zusage gemacht oder eine Aufgabe übernommen hat, aus der sich die Verantwortung für das mittlerweile eingetretene Missgeschick ableiten liesse.

 

Umgekehrt ergeben sich aus ihnen ähnlich grosse Aufwände, mit denen alle, die für die Schuld in Frage kommen, belegen wollen, dass sie selbst in keinem Fall verantwortlich sind. Auch von ihnen werden alle möglichen Vorschriften, Abmachungen, Protokolle, Pläne, Zuständigkeitsbeschreibungen und sonstigen Dokumente gewälzt werden um mit deren Hilfe nachweisen zu können, zum jeweiligen Zeitpunkt nicht informiert, verfügbar oder zuständig gewesen zu sein.

 

Und damit endet es nicht. Sind einer oder mehrere Schuldige gefunden worden, werden sie erfahrungsgemäss erhebliche weitere Aufwände in Distanzierungen, Absicherungen und ähnliche Tätigkeiten stecken, um beim nächsten mal nicht mehr Schuld zu sein. Und sollte die Schuldzuordnung unklar gewesen sein, fliessen häufig erhebliche weitere Aufwände inzusätzliche Regeln, Dokumentations-Pflichten und weitere Massnahmen, um das nächste mal die Schuld klarer zuweisen zu können.

 

Nichts davon erzeugt einen Mehrwert, alles davon verbraucht Zeit und Energie. Es ist Muda in Reinform. 


Um eine Alternative aufzuzeigen: statt den Schuldigen zu suchen könnte man überlegen, wie man Prozesse sicherer oder unbürokratischer gestaltet, Kommunikation einfacher und direkter möglich macht, Qualitätssicherungs-Massnahmen einführt die nicht nur aus Dokumentations-Pflichten bestehen und vieles mehr. Das wären Schritte, die zwar auch Aufwand verursachen, aber einen der sich auszahlt und nicht bloss alle Beteiligten frustriert.

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