Samstag, 31. Dezember 2016

Kommentierte Links (XX)

Grafik: Pixabay / Geralt - Lizenz
Normalerweise sammele ich in den kommentierten Links die jeweils interessantesten oder amüsantesten Artikel die ich im letzten Monat gelesen habe. Von Zeit zu Zeit kommt es aber vor, dass ich einen zeitweise vergesse oder ihn erst entdecke Monate nachdem er erschienen ist. Hier sind die besten dieser "verpassten" Texte aus dem letzten Jahr.


  • Steve Denning: Explaining Agile

    "Erklär doch mal mit einfachen Worten was dieses Agile sein soll". Wer sich bei solchen Fragen bisher nicht richtig artikulieren konnte wird bei Seve Denning fündig. Er definiert drei Grundprinzipien die in allen agilen Ansätzen auftauchen:
    1. The Law Of The Small Team: Kleine, crossfunktionale, autonom agierende Einheiten mit eigener Verantwortung für Produkte und Prozesse.
    2. The Law Of The Customer: Absolute Konzentration auf das, was dem Kunden einen Mehrwert bringt und Verzicht auf alles andere.
    3. The Law Of The Network: Aufbrechen von hierarchischen Ebenen, Abteilungsgrenzen und technischen/fachlichen Silos.
    Die meisten mir bekannten Organisationen die sich als agil bezeichnen folgen übrigens nur dem ersten Gesetz, was sich in erkennbaren Problemen niederschlägt. "Ein bisschen agil sein" geht nicht.

  • Ron Jeffries: Do you want Crappy Agile?

    Müsste man Ron Jeffries einem literarischen Genre zuordnen, es wäre definitiv der Rant, die wütende, humoristisch angehauchte Schimpftirade. In diesem Fall hat er sich die Metriken (Messwerte, KPIs, etc) vorgenommen, mit denen viele Unternehmen versuchen die Produktivität, Effektivität oder Agilität ihrer Produktentwicklung zu messen. Der Titel lässt es ahnen, er hält nicht besonders viel davon, zumindest dann nicht wenn es übergeordnete Organisationsebenen sind die hinter der Datenerhebung stecken. Diese Versuche richten seiner (und meiner) Meinung nach mehr Schaden als Nutzen an, wie er an den Beispielen von dreiundzwanzig verschiedenen Metriken klar macht. Anders sieht es dagegen aus wenn es ein Entwicklungsteam selbst ist, das sich mit Hilfe von gesammelten Daten verbessern will. Das ist ein richtiger Ansatz, solange er nicht von den höheren Ebenen gekapert wird.

  • Charles Duhigg: What Google Learned From Its Quest to Build the Perfect Team

    In mehreren Unternehmen habe ich bereits miterleben müssen, wie hochgradig dysfunktionale Teams zusammengestellt wurden, weil nur auf die Qualifikation der Teammitglieder geachtet wurde und nicht auf ihre soziale Kompatibilität. Auf der anderen Seite lieferten Teams mit im Einzelnen schlechter qualifizierten Mitgliedern sehr gute Ergebnisse, wenn diese gut miteinander harmonierten. Das Aristoteles-Projekt von Google hat diese Erkenntnis jetzt auf eine breitere Datenbasis gestellt und bestätigt. Um diese Kompatibilität sicherzustellen wird versucht die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, indem um die Teams herum psychologische Safe Zones errichtet werden. Dass dieses vor allem dadurch erreicht werden soll, dass die Mitglieder miteinander regelmässig über ihre Gefühle reden sollen sehe ich zwiespältig, aber die Grund-Idee ist richtig.

  • Albina Popova: When story points misfire (Part 2, Part 3)

  • Auf dem Global Scrum Gathering in München habe ich einen Vortrag von Albina Popova gehört, der auf diesen drei Artikeln beruhte. Selbstkritisch hat sie selbst angemerkt, dass die Art wie sie und ihr Team mit Storypoints und Estimations umgegangen sind suboptimal war. Da Storypoints allerdings kein direkter Bestandteil von Scrum sind ist es legitim gewesen auf eine Korrektur zu verzichten und stattdessen etwas anderes zu probieren, in diesem Fall den #NoEstimates-Ansatz. Den zu bewerten würde hier den Rahmen sprengen, auf jeden Fall ist das Ganze aber eine interessante und lesenswerte Fallstudie geworden.

  • Jonathan Smart: Agile Manifesto Values add on for large enterprises

  • Zugegeben, das hier ist gar kein verpasster Artikel der letzten Monate sondern einer von vorletzter Woche. Da es aber diesesmal keine Dezember-Ausgabe der kommentierten Links gibt steht er jetzt hier. Jonathan Smarts Agile Manifesto Values add on for large enterprises sieht so aus.
    • Delighting Customers First over Shareholder Returns First
    • Focusing on delighting customers first leads to shareholder returns
    • Enterprise-wide Agility over Agile for Software Development Only
    • Optimise for flow, learning and feedback, along the whole value stream
    • Empowered Product Teams over Command & Control Role Based Work Passing
    • Long lived multi-disciplinary teams with high Alignment, Autonomy and Safety aligned to value stream
    • Achieving Big Through Small over Achieving Big Through Big
    • Small teams, hypothesis driven investment, optimise for flow, for better outcomes faster
    In seinem Artikel führt er näher aus was er damit meint. Lesenswert nicht nur wegen der Erklärungen sondern auch wegen der vielen weiterführenden Links.

  • Jason Little: The Change Before the Change (Edit: Link ist mittlerweile tot)

    Auch Jason Little geht auf das Thema der hinter Agile und Scrum stehenden Werte ein. An einem Beispiel aus einem seiner Kundeneinsätze zeigt er auf wie ein falsches Mindset des Managements eine agile Transition von Anfang an so unterminierte, dass sie praktisch zum Scheitern verurteilt war. Mir gefällt bei ihm die differenzierte Betrachtung - das Management handelt nicht so weil es böse oder unfähig ist sondern weil es selbst in Strukturen gefangen ist die über lange Zeit gewachsen sind und nur nach und nach abgebaut werden können.

  • Michael Küsters: SAFe impressions

    In meiner "agilen Filterblase" ist SAFe etwas von Grund auf Schlimmes. Der Tenor ist, dass es sich um eine pseudo-agile, hierarchische, schwerfällige und restriktive Methode handelt, die nur von Managern gemocht wird die eigentlich lieber nach Wasserfall arbeiten würden. Ich muss gestehen, dass auch ich skeptisch war (und bin), allerdings hat es mich immer gestört, dass sich kaum einer der lautstarken Kritiker näher mit dem Thema beschäftigt hat. Michael Küsters hat das im letzten Halbjahr ausführlich getan. Auch nach dem Lesen seiner insgesamt zwölf Artikel zu dem Thema kann man noch skeptisch sein, uninformiert ist man jedenfalls nicht mehr.

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