Montag, 31. Dezember 2018

Kommentierte Links (XLIV)

Bild: Pixabay / Bru-nO - Lizenz
Normalerweise sammele ich in den kommentierten Links die jeweils interessantesten oder amüsantesten Artikel die ich im letzten Monat gelesen habe. Von Zeit zu Zeit kommt es aber vor, dass ich einen vorübergehend vergesse oder ihn erst entdecke Monate nachdem er erschienen ist. Hier sind die besten dieser "verpassten" Texte aus dem letzten Jahr.

  • Garry Ridge: The Four Pillars of the Fearless Tribe

    Wenn man diesem Text glauben darf ist WD-40 eine mehr als bemerkenswerte Firma. Alleine die in diesem Text zitierten Ergebnisse einer internen Mitarbeiterbefragung sind beeindruckend:
    • 97 % der Mitarbeiter kennen die Firmenziele
    • 93 % sehen der Zukunft der Firma mit Vorfreude entgegen
    • 92 % fühlen sich ermutigt an der eigenen Weiterentwicklung zu arbeiten
    • 97 % verstehen wie ihre Tätigkeit auf die Firmenziele einzahlt
    • 97 % wissen welche Ergebnisse die Firma von ihnen erwartet
    • 98 % glauben, dass ihre Überzeugungen und Werte zu Firmenkultur passen
    • 99% erzählen Freunden gerne von ihrer Arbeit
    Der CEO Garry Ridge gibt in diesem Text einen detaillierten Überblick über die Firmenkultur die diese Ergebnisse hervorgebracht hat und über die Grundlagen und Prinzipien auf denen sie beruht. Unbedingt lesens- und nachahmenswert.

  • Joost Minnaar: The Fundamental Things People Get Wrong About Self-Management

  • Eher ein Erklär-Artikel, allerdings ein wichtiger und nötiger. Denn während nahezu jeder der in einem agilen Kontext arbeitet von Selbstorganisation spricht, kann kaum jemand definieren was genau das ist und auch nicht was es nicht ist (Spoiler: es ist nicht "jeder macht was er will"). Infolgedessen ist der Begriff häufig mit unrealistischen Erwartungen und Befürchtungen verbunden, die schnell in Enttäuschung und Widerstand umschlagen. Die hier beschriebenen negativen Definitionen (dessen was Selbstorganisation nicht ist) können dabei helfen die Erwartungen auf ein realistisches Mass herunterzuschrauben - oder empozuheben

  • Willem-Jan Ageling: #NoEstimates – The 6 Alternatives for Estimating

    Noch ein Erklär-Artikel. Während Selbstorganisation für viele Menschen etwas ist was sie zwar nicht im Detail, aber zumindest auf einer sehr abstrakten Ebene beschreiben können, sind die meisten beim Thema "No Estimates" völlig verloren. Nach dem über-vereinfachenden Erklärungsversuch, dass Aufwände einfach nicht geschätzt werden, kommt nichts Brauchbares mehr. Dass es dann nicht nur einen sondern gleich mehrere No Estimates-Ansätze gibt hat für Viele einen fast schon esoterischen Touch. Und doch - es gibt sie, aufgelistet und erklärt in diesem Blog-Eintrag. [Nachklapp: das Ganze mag auch mit dem leicht missverständlichen Begriff zu tun haben, aber der hat sich nun mal so etabliert.]

  • Gary Hamel: Busting Bureaucracy

    Ein sehr guter und lesenswerter Text, aber auch einer den man sehr zwiespältig sehen kann. Dass Bürokratie Abläufe verlangsamt, die Beteiligten frustriert, Kreativität behindert, unnötige (und häufig versteckte) Kosten verursacht und wegen dieser und weiterer Gründe schnellstmöglich beseitigt werden sollte wird kaum auf Widerspruch stossen, damit hat Gary Hamel absolut recht. Auch dass es eine Gruppe von "Bürokraten" gibt, die von der Bürokratie profitiert (in Form von Macht, Anerkennung, Arbeitsverträgen, etc.) dürfte ein unstrittig anerkannter Teil des Problems sein. Schwierig wird es aber wenn "die da oben" dämonisiert werden. Das ermöglicht zwar eine mitreissende Revolutions-Rhetorik, baut aber auch Fronten auf und reisst Gräben auf. Veränderung wird dadurch schwerer.

  • Greg Satell: The Demise of Blockbuster, and Other Failure Fairy Tales

    Der Untertitel sagt eigentlich bereits alles aus: "When big companies collapse, the story is never simple". Tatsächlich ist in den letzten Jahren der Mythos entstanden, dass im Fall von Firmen wie Blockbuster, Kodak und Xerox der Niedergang, bzw. das Verpassen neuer Märkte vermeidbar gewesen wäre, wenn deren Management nur ein "agileres Mindset" gehabt hätte. In Wirklichkeit ist es natürlich komplexer. Die Herausforderungen wurden zwar erkannt und es wurden Pläne zu ihrer Bewältigung entwickelt, letztendlich wurde sich aber gegen große (und riskante) Inverstitionen entschieden, deren Erfolg damals nicht absehbar war. Was der Autor nicht sagt: mit agilem Vorgehen (MVPs, incrementelle Lieferung, etc.) hätte man die Investitionsrisiken stark reduzieren können.

  • Edward Niedermeyer: Elon Musk Is the Henry Ford of His Age. That's Bad.

    Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen Agil und Lean und dafür wo welcher Ansatz Sinn macht. Das hier beschriebene Vorgehen von Tesla kommt klar aus dem Lean Startup (trotz seines Namens ein agiles Framework). Das Wichtigste ist es dort, schnell mit validierbaren Ergebnissen am Markt, bzw. beim Kunden zu sein und Geld zu verdienen. Das Ausliefern von leicht fehlerhaften Produkten wird bewusst in Kauf genommen und später durch Updates gefixt. Das Problem: Updates einer Automobil-Hardware müssen von Reparaturteams durchgeführt werden und erfordern unverhältnismässig viel Zeit und Aufwand. An der Stelle wäre vermutlich ein Lean-Ansatz besser gewesen, bei dem die Fertigungsstrasse so optimiert wird, dass es gar nicht zu fehlerhaften Auslieferungen kommt.

  • Bob Tarne: Agile Road Trip, Lessons From a Coach at Toyota

    Passend zum letzten Thema. Bei vielen Agile Coaches hat Toyota bis heute einen nahezu mythischen Ruf, da diese Firma federführend an der Entwicklung des Lean Management beteiligt war. Dass die Softwareentwicklung dort bis vor wenigen Jahren noch nach Wasserfall strukturiert war (siehe hier) wird dabei häufig ignoriert. Um so interessanter ist es zu erfahren, in wiefern der "Toyota Way" in die mittlerweile stattfindende agile Transition einfliesst. In der nordamerikanischen Tochtergesellschaft scheint das nur in geringem Ausmass so zu sein, zumindest legt dieser Artikel von Bob Tarne das nah. Bei der international tätigen Tochtergesellschaft Toyota Connected scheint das besser zu funktionieren (siehe hier). Wie das bei der Muttergesellschaft stattfindet ist zur Zeit aus den öffentlichen Dokumenten nicht zu erkennen. Man kann auf die ersten nicht-japanischenVeröffentlichungen gespannt sein.

  • Falk Kühnel: Agile scaling is plain wrong!

    Eine unterhaltsam geschriebene Abrechnung mit dem Buzzword "Scaled Agile" oder "agile Scaling". Tatsächlich ist es so, dass je nach Kontext völlig unterschiedliche Bedeutungen mit diesem Begriff verbunden werden. Eine extrem verbreitete fehlt aber bei Falk: Agile Scaling als Synonym für ein mit agilen Teams durchgeführtes Chinesenprinzip, also dafür, dass mehr Teams mit der selben Aufgabe beauftragt werden, in der Hoffnung schneller fertigzuwerden. Das wäre nochmal ein Thema für sich.

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