Montag, 15. März 2021

Das Problem mit SAFe (III)

Bild: Pexels / Andrea Piacquadio - Lizenz

Über die Herausforderungen und Fallstricke die sich ergeben wenn man versucht das Scaled Agile Framework (SAFe) in einem Grossunternehmen einzuführen1 ist mittlerweile so viel gesagt worden, dass man darüber ganze Bücher schreiben könnte. Die meisten davon würden sich aber sehr einseitig um die Debatte drehen ob ein Konstrukt mit so viel Regulierung und so vielen Rollen überhaupt agil sein kann2 und einen weiteren, vermutlich sogar tiefgreifenderen Aspekt dabei erstaunlich vernachlässigen.


Es handelt sich um die Frage ob die oft negative Wahrnehmung von SAFe nicht mittlerweile Züge einer selbsterfüllenden Prophezeihung hat. Von der überwältigenden Mehrheit der vom Konzept der Agilität überzeugten Angehörigen der unteren Hierarchie-Ebenen schlägt SAFe heute eine hohe Skepsis entgegen, zum Teil sogar eine vehemente Ablehnung.3 Wie berechtigt das ist, ist dabei gar nicht relevant, wichtig ist die Wahrnehmung selbst.


Deren mittlerweile weite Verbreitung resultiert darin, dass auf Team- oder Abteilungsebene selbstorganisierte Optimierungsbemühungen praktisch nie dazu führen, dass dort SAFe als Lösungs- oder Verbesserungs-Option für Koordinations- oder Alignment-Probleme genannt wird. Wenn es diskutiert wird dann fast ausschliesslich auf Betreiben von Beratern oder Managern. Aus Sicht der umsetzenden Einheiten kommt es damit "von Aussen".


Wer bereits Change Management in grossen Organisationen betrieben hat wird das an derartigen Stellen entstehende Risiko kennen: das Gefühl von Aussen eine ungewollte Änderung aufgedrückt zu bekommen kann zu Abstossungsreaktionen führen, manchmal in Form von aktivem Widerspruch und Widerstrand, oft durch passive und ausweichende Handlungsmuster wie dem ständigen Melden von Verständnis-Poblemen, Dienst nach Vorschrift und brauchbarer Illegalität.


Alle Varianten sind bereits für sich genommen problematisch, im Kontext des agilen Arbeitens, das stark auf freiwillige Kooperation und Eigeninitiative aller Beteiligten angewiesen ist, sind sie es nochmal in besonderer Form. Die in vielen SAFe-Umsetzungen zu findenden hohen Ausmasse am Konfliktlastigkeit, Ineffektivität und Ineffizienz lassen sich in weiten Teilen damit erklären, ggf. noch verschärft durch Versuche die Einführung zu erzwingen oder den Mitarbeitern ihre Bedenken auszureden.


Heisst das, dass eine Einführung von SAFe dort wo es diese Skepsis gibt unmöglich ist? Nein, natürlich nicht, das wäre auch zu deterministisch. Um die selbsterfüllende Prophezeihung zu vermeiden kann es aber sehr sinnvoll sein vor (!) einer Entscheidung für dieses Framework mit allen Beteiligten die Gründe für und gegen agile Skalierung zu besprechen und gemeinsam nach einem passenden Ansatz zu suchen. Der kann dann SAFe sein, aber ggf. auch ein anderer, dem deutlich weniger Skepsis entgegenschlägt und mit dem man dadurch einfacher und schneller seine Probleme lösen kann.


1Für kleinere Einheiten ist es nicht gedacht 
2Was weniger einfach zu beantworten ist als viele denken
3Eine Entwicklung die durch skeptische Äusserungen vieler "Thought Leader" befeuert wird

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