Montag, 6. Juni 2022

Woher die Sprints in Scrum ihren Namen haben

Bild: Pexels / Run4FFWPU - Lizenz

Dass der Ursprung von Scrum sich irgendwo im Dunkel der Geschichte verliert hat zur Folge, dass sich Vieles nicht mehr genau nachvollziehen lässt. Da nicht absehbar war welche Popularität das Framework einmal erreichen würde wurden z.B. Entscheidungen und Entwicklungen nicht dokumentiert, weshalb bei vielen Begriffen nicht mehr genau zu sagen ist warum sie damals gewählt wurden. Zumindest bei einem ist jetzt aber Licht ins Dunkel gekommen - beim Sprint.


Verdanken tun wir das Mike Cohn, einem der ersten Scrum-Pioniere. In der ersten Folge seines Agile Mentors Podcast erzählt er, dass er bereits im Jahr 1994 mit Scrum in Berührung gekommen ist, also noch bevor es 1995 auf der OOPSLA-Konferenz erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Er hat es damit in seiner frühesten Form erlebt, und in der sah es noch deutlich anders aus als heute. Das betrifft auch die Sprints, deren Ursprung er wie folgt beschreibt:

 

In den ersten Jahren hatte Scrum (bzw. dessen Vorformen) noch starke Züge von Wasserfall. Anders als heute folgte nicht unmittelbar ein Sprint dem nächsten, stattdessen waren die Sprints lediglich die Umsetzungsphasen im Anschluss an vorgelagerte längere Planungs- und Konzeptionszeiträume. In diesen vorgelagerten Schritten wurde bereits vieles vordefiniert was danach nur noch abzuarbeiten war, und dieses finale Abarbeiten erfolgte möglichst schnell - als Endspurt, oder auf Englisch als Sprint.1


Im Rahmen der methodischen Weiterentwicklung wurde die vorgelagerte Planung und Konzeption in den 90ern dann nach und nach als eigenständige Phase abgeschafft und in die Sprints integriert, heute findet sie sich dort in den Planning- und Refinement-Meetings wieder. Infolgedessen rückten die Sprints immer näher aneinander, bis zu der heute üblichen Regelung, in der sie nur noch durch eine logische Sekunde voneinander getrennt sind.


Man könnte argumentieren, dass man die Sprints irgendwann in dieser Zeit hätte umbenennen müssen um semantisch korrekt zu bleiben, da sie durch den Wegfall der vorgelagerten Planungsphasen ihren Endspurt-Charakter verloren haben. Andererseits liesse sich sich aber auch der Standpunkt vertreten, dass ein Sprint weiterhin der Umsetzungs-Endspurt nach den vorgelagerten Backlog Refinements ist, die jetzt während oder parallel zu den früheren Sprints stattfinden.

 

Der Grund für die Nicht-Umbenennung ist aber vermutlich banal: der Begriff der Sprints ist bereits früh so stark mit Scrum assoziiert worden, dass seine Aufgabe die Anwender zu stark irritiert hätte. Und wirklich wichtig scheint der Benennungs-Hintergrund für die Scrum-Gründer Ken Schwaber und Jeff Sutherland auch nicht zu sein, jedenfalls haben sie ihn in keinem ihrer Grundlagenwerke thematisiert. Um so dankbarer kann man Mike Cohn dafür sein, dass er sein "historisches Wissen" geteilt hat.



1Im OOPSLA-Konferenzpapier finden sich diese Planungs- und Umsetzungsphasen noch abgeschwächt als "Pre-Game" und "Game" wieder

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