Donnerstag, 30. November 2023

Kommentierte Links (CVII)

Bild: Unsplash / Fabio Bracht - Lizenz
Das Internet ist voll von Menschen, die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die erwähnenswertesten.

Patrick McKenzie: Seeing like a Bank

Ein Logread, und dabei einer der es in sich hat. Am Beispiel der Banken-Branche beschreibt Patrick McKenzie wie es dazu kommt, dass in grossen Organisationen Prozesse und IT-Systeme immer wieder dysfunktional wuchernd ausser Kontrolle geraten. Anders als häufig unterstellt stehen normalerweise weder Inkompetenz noch sinistre Absichten dahinter, sondern vor allem Sachzwänge betriebswirtschaftlicher oder juristischer Natur, die jeweils für sich betrachtet auch vollkommen rational und nachvollziehbar sind. Erst die unbeabsichtigten Effekte ihres Zusammenwirkens führen zu den teils bürokratischen und teils chaotischen Zuständen, die in der Aussenwahrnehmung zu Fassungslosigkeit führen können (mit der Postbank gibt es ein anschauliches aktuelles Beispiel).

Karl Scotland: A Simple Resolution to the Agile Transformation Conundrum

Begriffe sorgfältig auszuwählen ist wichtig, denn häufig formen sie unsere Wahrnehmung des jeweiligen Sachverhalts viel tiefer als man denken sollte. Vor diesem Hintergrund sind die Überlegungen von Karl Scotland zu verstehen, der sich entschlossen hat, den Begriff "Agile Transformation" bei sich durch "Strategic Agility" zu ersetzen. Die Benennung Agile Transformation hält er aus zwei Gründen für problematisch: zum einen weil sie den Eindruck von Linearität und Abschliessbarkeit vermitteln kann, zum anderen weil der Eindruck entstehen kann, Agilität wäre das Ziel der Transformation und damit ein Selbstzweck. Dass es gelingen wird, den Begriff der Agilen Transformation auch in der allgemeinen Verwendung abzulösen, kann man bezweifeln (dafür ist er zu etabliert), ein wertvoller Impuls für die eigene Sprachverwendung ist es aber auf jeden Fall.

Roman Pichler: Decoding Product Leadership

Leadership ist immer ein schönes Thema, vor allem im Umfeld selbstorganisierter Teams, in denen eine direkte Weisungsbefugnis nicht mehr oder nur eingeschränkt gegeben ist. Roman Pichler beleuchtet das Konzept von verschiedenen Seiten und beschreibt unter anderem charismatische Führung (allerdings ohne diesen Begriff zu verwenden), informelle Führung und emergente Führung. Interessant sind auch seine verschiedenen Dimensionen von Product Leadership: Trust-building, Empathising, Communication, Goal Setting, Collaborative Decision-Making, Conflict Resolution und Self-Leadership. Was das im Anwendungsfall bedeutet, wird zwar jeder für sich erarbeiten müssen, es ist aber eine gute Übersicht über die Felder, in denen man Führungsqualitäten entwicklen kann.

Chris Alderson: Beyond Scaled Agile Frameworks

Nochmal zum Thema der sorgfältigen Begriffsverwendung und zu der Schwierigkeit, bereits etablierte Begriffe abzulösen. Chris Alderson schlägt vor, anstelle von agilen Skalierungsframeworks von "massgeschneiderten Betriebsmodellen" zu sprechen. Sicherlich vom Ansatz her richtig (eine Umsetzung "by the Book" ist auf Skalierungebene nochmal schwieriger und seltener als auf Teamebene) aber eben auch ein Kampf gegen Windmühlen. Wichtiger als die Benennung ist allerdings die Grund-Idee: sich aus den "Bausteinen" der verschiedenen Skalierungsframeworks ein eigenes Vorgehensmodell zusammenzubauen (z.B. Lean Portfolio Management aus SAFe, Scrum of Scrums aus Scrum@Scale, etc) dürfte den jeweiligen Bedürfnissen in der Regel eher entsprechen als das Ausrollen einer "One Size fits All"-Lösung.

John Cutler: How to Troubleshoot Status Updates and Syncs

Als letztes eine nützliche Liste von Praxistipps zu einem Thema, das in jeder grösseren Organisation immer wieder hochkommt: zu viele und zu ineffektive Meetings. John Cutler teilt eine ganze Reihe möglicher Probleme, bietet zu jedem eine Analyse häufiger Ursachen und eine Idee, wie man zu Verbesserungen kommen kann. Da sollte für jeden etwas dabei sein, das sich im eigenen Unternehmen ausprobieren lässt.

Related Articles