Intrapreneur (II)
Wenn man sich auf die Betrachtungsweise einlässt, Organisationsentwicklung als ein Produkt oder einen Service zu betrachten, wird man sie deutlich besser verstehen und beeinflussen können. Das gilt sowohl für die Art wie an ihr gearbeitet wird, als auch für die Wahrnehmung und Behandlung von wichtigen Stakeholdern. Und da sich unter diesen ganz besonders höhere Manager befinden, ist die frage naheliegend - was treibt die eigentlich um?
Eine der wichtigsten Antworten darauf ist: das Geld. Genauer gesagt, die Fähigkeit der Organisation, durch profitables Arbeiten Geld zu erwirtschaften, schliesslich ist es genau das, woran Manager in der Regel von noch höheren Managern, Aktionären, Eigentümern oder Aufsichtsräten gemessen werden. Und mit diesem Gedanken im Hinterkopf ergibt die Ablehnung selbstorganisierter Teams durch viele Manager einen neuen Sinn - dahinter steckt oft die Sorge vor nachlassender Wirtschaftlichkeit.
Dass diese Sorge nicht völlig unbegründet ist, kann man bei vielen in die Selbstorganisation startenden Teams beobachten. Roadmaps und Zeitpläne? Budgetierung und Kostendeckel? Das in Frage stellen von technischem Perfektionismus? All das gilt plötzlich als Teil eines überkommenen Top Down-Managements. Dass durch diese Ablehnung die Profitabilität von Features und Produkten leidet, wird nicht gesehen - und die Verwunderung ist gross, wenn das Management auf einmal interveniert.
Wer es nicht so weit kommen lassen will sollte sich auf ein mittlerweile nicht mehr neues Konzept besinnen, das der Intrapreneurship, womit die Haltung von Angestellten gemeint ist, nicht nur wirtschaftliches Denken und Handeln anzustreben, sondern auch bereit zu sein, sich das dazu notwendige Wissen aus Marketing, Vertrieb, Rechnungswesen, Kundenservice und sonstigen relevanten Bereichen anzueignen und regelmässig aufzufrischen.
Natürlich wird das nicht bei jedem Team Begeisterung auslösen, die oben erwähnte Ablehnung vieler Management-Praktiken führt häufig zur fehlenden Bereitschaft, sich mit diesen manchmal anstrengenden Themen überhaupt auseinanderzusetzen. Das ist auch nachvollziehbar, blendet aber aus, dass diese Auseinandersetzung ein Preis ist, der für die Selbstorganisation (bzw. deren Duldung oder Förderung durch das Management) gezahlt werden muss.
Erst wenn die Führungsebenen die Zuversicht haben, dass auch ohne ihr Zutun Wirtschaftlichkeit und Profitabilität nicht vernachlässigt werden, werden sie die Bereitschaft entwickeln, Entscheidungs-Kompetenzen in nennenswertem Ausmass nach unten zu delegieren. Und noch weitergedacht: wenn man ihnen glaubhaft machen kann, dass Selbstorganisation zu mehr wirtschaftlichem Denken führen wird als Steuerung und Anleitung, werden sie sogar aktiv nach ihr verlangen.
Und um auch die Manager selbst in die Pflicht zu nehmen: dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter wirtschaftlich denken können ist eine ihrer wesentlichen Aufgaben und sollte in Ausbildungen, Weiterbildungen und Personalentwicklung verankert werden. Es handelt sich dabei schliesslich um die Mehrung von Humankapital, die eine zentrale Aufgabe jeder Führungskraft ist - ein weiterer Aspekt des Denkens als Intrapreneur, nur eine Ebene weiter oben.
