Freitag, 14. November 2025

Aktivismus und Stoizismus

Bild: Pexels / Sharath G. - Lizenz

Unter den vielen Arten, den Umgang mit Veränderungen zu strukturieren, gehört es, sich nicht nur eine Grundhaltung zuzulegen, sondern mehrere. Das geht ein bisschen gegen gängige Weisheiten und Faustregeln, die meistens nur eine derartige Haltung empfehlen, wie z.B. kritischen Rationalismus, Bias for Action, Being like a River und viele weitere. Der Wechsel zwischen Haltungen macht aber Sinn, und ich empfehle besonders zwei: Aktivismus und Stoizismus.


Unter Aktivismus versteht man eine Einstellung in deren Rahmen man bewusste Handlungen durchführt, die das Ziel haben, Veränderungen zu fördern, meistens solche, die man persönlich für wichtig oder dringlich hält. Wie diese Veränderungs-Förderung aussieht kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein, vom Schaffen eines Sense of Urgency über das Beschleunigen bereits stattfindender Veränderungen bis hin zum Beseitigen von Hindernissen.


Beim Stoizismus dagegen steht im Mittelpunkt die Fähigkeit, gelassen mit Veränderungen umzugehen, vor allem solchen, die sich nicht verhindern lassen. Mögliche Mittel zu diesem Zweck sind die Bewusstmachung der relativen Nichtigkeit und Flüchtigkeit vieler Sachverhalte, das Gegenüberstellen grösserer, von den Veränderungen nicht betroffener Werte und Zusammenhänge, das Einüben von Anpassungsfähigkeit und Resilienz und der Verzicht auf übermässige Emotionalität.


Beide Haltungen haben in bestimmten Kontexten ihren Sinn. Dort wo Veränderungen möglich, aber ggf. schwierig sind, hilft der Aktivismus. Mit ihm kann man ständig neue Impulse setzen, andere überzeugen und ein Zurückfallen in alte Muster vermeiden. Dort wo unerwünschte oder gegenläufige Veränderungen nicht zu verhindern sind, hilft dagegen der Stoizismus gegen Frustration und ergebnisloses Aufreiben im Kampf gegen das Unvermeidbare.


Die entscheidende Frage ist jetzt "nur noch" wann welcher der beiden Kontexte gegeben ist. Das lässt sich natürlich nicht kategorisch beantworten, allerdings kann man mit der Zeit die Fähigkeit entwickeln, Merkmale zu identifizieren, die starke Indikatoren für einen der beiden sind. Diese Erfahrungsweisheit ist der Schlüssel für den situationsgemäss passenden Einsatz von Aktivismus und Stoizismus. Oder mit einem bekannten Stossgebet gesagt:


Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

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