Freitag, 20. August 2021

Software is still eating the world

Grafik: Pxfuel - Lizenz

Auf den Tag genau heute von 20 Jahren veröffentlichte der amerikanische Wagniskapital-Investor Marc Andreessen einen Artikel im Wall Street Jounal. Sein Titel: Why Software Is Eating the World. Vermutlich ohne es beabsichtigt zu haben gelang ihm damit das wovon jeder Journalist und Schriftsteller träumt - er prägte ein Sprichwort das bis heute in der englischen Sprache geläufig ist. Software is eating the world, sinngemäss übersetzt Software übernimmt die Welt.


Bereits zum damaligen Zeitpunkt konnte Andreesen aufzeigen, dass viele Branchen ohne Software nicht mehr funktionieren würden. Energieversorgung, Finanzwesen, Buch- und Einzelhandel, Filmindustrie, Verteidigungsindustrie, Telekommunikation und Anzeigenmarkt waren seine Beispiele, dazu kamen neue, von Anfang an digitale Geschäftsmodelle wie Suchmaschinen, Navigationssysteme und Video-Spiele. Schon um das Jahr 2000 war die Welt abhängig von Software.


Trotz der bereits damals weitgehenden Übernahme vieler Geschäftsprozesse durch Computerprogramme hat sich dieser Trend seitdem noch weiter verstärkt. Die vermutlich weitgehendste Weiterentwicklung dürfte dabei sein, dass Software heute nicht mehr bloss menschliche Entscheidungen ausführt sondern selbst welche trifft, sogar so weitreichende wie wer aus Gefängnissen entlassen wird, wer Arbeitslosenhilfe enthält oder wer von der Polizei gesucht wird.


Ein weiterer zunehmender Trend ist die ständige Vernetzung zwischen den Systemen, vor allem über das Internet. Schon vor 20 Jahren konnten so zwar bereits Updates eingespielt und Dateien versandt werden, mittlerweile gibt es aber immer mehr Anwendungen die ohne permanente Verbindung nicht mehr funktionieren. Das betrifft zum Beispiel Computerspiele, aber auch von Software betriebene Geräte wie Staubsauger und Türklingeln.


Alleine das ist bei genauerer Betrachtung bereits beunruhigend, geradezu verstörend wird es wenn man bedenkt, dass Software durch diese ständige Vernetzung fast immer von aussen angreifbar ist. Einer grösseren Öffentlichkeit dürfte die Anfälligkeit der amerikanischen Wahlen zu Ohren gekommen sein, aber auch die öffentliche Wasserversorgung lässt sich hacken, die IT-Systeme von Banken und (besonders albtraumhaft) das Betriebssystem von Insulinpumpen und Herzschrittmachern.


Diese Trends haben Folgen für die Art wie Software entwickelt wird. Wegen der möglicherweise schwerwiegenden Auswirkungen muss es möglich sein versehentlich falsch entwickelte IT-Programme schnell zu korrigieren, Updates schnell einzuspielen, Schäden an Software und IT-Infrastruktur schnell zu beheben und schnelle Gegenmassnahmen gegen Viren und Hacker umzusetzen. Ohne diese Reaktionsfähigkeit wird Software is eating the world zu einer existenziellen Bedrohung.


Das wiederum bedeutet, dass sich die Softwareentwicklungs-Organisationen in Unternehmen und Behörden ändern müssen (und es bereits tun). Egal ob man dafür Buzzwords wie Lean und Agile benutzt oder nicht - langsame und schwerfällige Prozesse (zu denen bereits Quartalsreleases gehören) werden in immer weniger Fällen akzeptabel. Für ein Sprichwort wird es zwar nicht reichen, ein zwingender Schluss ist es aber trotzdem: die Übernahme der Welt durch Software zwingt Organisationen in die Agilität.

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