Law of the second floor
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Bild: Public Domain Pictures / Petr Kratochvil - CC0 1.0 |
Einige der "Gesetze", in denen Zwangsläufigkeiten und Regelmässigkeiten grosser Organisationen beschrieben werden, haben es in den letzten Jahrzehnten zu grösserer Bekanntheit gebracht, etwa Conway's Law oder Goodhart's Law. Heute soll es aber um eines der weniger bekannten gehen. Gefunden habe ich es im Blog des Agilen Otter, und es trägt den Namen TheLaw of the Second Floor, sinngemäss übersetzbar mit Das Gesetz der zwei Stockwerke.
Nobody two levels ABOVE OR BELOW you on the org chart really knows what your days are likeLaw of the second floor
Auch das sinngemäss ins Deutsche übersetzt: niemand, der in der Hierarchie zwei Ebenen über oder unter Dir ist, weiss womit Du Deine Arbeitszeit verbringst. Dass diese "Gesetzmässigkeit" (bei der es sich eigentlich um eine häufig zu machende Beobachtung handelt) dann Gesetz der zwei Stockwerke heisst, liegt in der Gleichsetzung von Hierarchieebene und Stockwerk begründet, die sich tatsächlich in vielen Unternehmen so wiederfindet.
Wie alle Beobachtungen ist auch die, auf der das Gesetz der zwei Stockwerke beruht, erst einmal wertneutral, allerdings ist implizit bereits die Bewertung enthalten, dass die Unkenntnis der Situation des jeweils anderen zu suboptmalen Ergebnissen führen wird - in Ermangelung eines genauen Wissens werden Annahmen getroffen, die zu einem gewissen Anteil falsch sind, was wiederum dazu führt, dass darauf beruhende Anweisungen oder die Reaktionen auf diese es ebenfalls sind.
Ein scheinbar naheliegender Verbesserungsansatz wäre es, dieses Problem an seiner Wurzel zu behandeln, indem man allen Beteiligten die Situation der jeweils anderen nachvollziehbar macht. Das ist aber schwer bis unmöglich - unten in der Hierarchie sind Detailgrad und Focus hoch, oben ist der Detailgrad gering und an Stelle eines thematischen Focus tritt eine breite, abstraktere Sicht. In beiden Fällen sind Kontext, Terminologie, etc. hochgradig spezifisch und z.T. gegenläufig.1
Versucht wird das trotzdem immer wieder, z.B. durch Mitarbeiter-Befragungen, Veröffentlichungen im Intranet, Townhall-Meetings und weitere Formate. Mehr als ein bestenfalls oberflächliches Verständnis entsteht dabei aber selten, alleine aufgrund des damit verbundenen Kommunikations- und Lernaufwandes, der den Beteilgten in der Regel unverhältnismässig erscheint und für den in den meisten Fällen auch gar nicht genug Zeit zur Verfügung steht.
Alleine diese Erkenntnis kann, wenn sie allgemein geteilt wird, zu deutlichen subjektiven und systemischen Verbesserungen führen. Zum einen, weil es die Annahmen und Erwartungshaltungen gegenüber anderen Personen realistischer macht, zum anderen dadurch, dass niemand mehr (irrigerweise) glaubt, im Zweifel bereits alles zu wissen, was für eine Entscheidung notwendig ist. Die gemeinsame Arbeit an übergreifenden Zielen kann dadurch deutlich erleichtert werden.