Dienstag, 16. September 2025

Fast- and slow-thinking Teams

Heute gibt es einmal mehr ein Praxisbeispiel, diesesmal von Airtable, einem KI Startup aus dem Silicon Valley. Wie alle Startups muss auch dieses hier agil im eigentlichen Sinn sein, also in der Lage, schnell auf sich ändernde Kundenwünsche und Marktbedingungen zu reagieren. Anders als man denken könnte sind dort aber nicht alle Teams mit dem Ziel einer schnellen Reaktionsfähigkeit aufgesetzt, wie Firmengründer Howie Liu in Lenny's Podcast erklärt.


Es gibt bei Airtable zwei verschiedene Arten von Teams, deren jeweiliges Organisationsmodell an die zwei Arten des Denkens aus Daniel Kahnemans Bestseller Thinking, Fast and Slow angelehnt ist - auf der einen Seite die Fast-thinking Teams, die schnell, proaktiv, intuitiv und experimentgetrieben vorgehen sollen und auf der anderen Seite die Slow-thinking Teams, die abwägend, analytisch, strukturiert und sorgfältig arbeiten.


Wichtig für das Verständnis dieses Ansatzes ist, dass keine der beiden Team-Kategorien grundsätzlich besser oder schlechter ist als die jeweils andere (weder Kahnemann noch Liu sehen in dem Konzept des "langsamen Denkens" etwas Negatives), beide haben in ihrem jeweiligen Kontext ihre Vorzüge. Und diese unterschiedlichen Kontexte (und die Zuordnung der Kategorien zu ihnen) sind es auch, die die Idee der Fast- and slow-thinking Teams so interessant machen.


Fast-thinking Teams werden dort eingesetzt, wo neue Features und Produkte entwickelt werden, was besonders auf dem Markt für KI-Produkte hochgradig anspruchsvoll ist. Ein geradezu rasender technischer Fortschritt, ständige Innovationen, starker Wettbewerb und volatile Kundenbedürfnisse machen schnelles Agieren und Reagieren nötig, weshalb in diesem Bereich eine iterativ-incrementelle Auslieferung von Features im Wochenrhythmus vorgesehen ist.


Slow-thinking Teams sind dagegen dort angesiedelt, wo die Infrastruktur entwickelt wird, die die Basis dafür bildet, dass die von den Fast-thinking Teams entwickelten Features von einer rapide wachsenden Nutzerbasis in hoher Frequenz genutzt werden können. Hier stehen eher Verlässlichkeit, Skalierbarkeit, Resilienz und Berechenbarkeit im Focus, wodurch die Entwicklungsschritte hier deutlich langsamer, dafür aber mit grösserer Sorgfalt und Planung erfolgen.


Dieses bewusste gleichzeitige Aufsetzen von zwei verschiedenen und komplementären Vorgehensmodellen ist in modernen Tech-Unternehmen eher selten, viel häufiger wird versucht, alles nach einem gleichen Muster zu organisieren, dass dann im Einzelfall unpassend ist. Der Denkanstoss, den sich viele mitnehmen können, ist, dass Uneinheitlichkeit durchaus Sinn machen kann. Die kann dann in Form von Fast- and Slow-thinking Teams auftreten, ggf. aber auch ganz anders.

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