Montag, 2. Juli 2018

Agile is not a mindset

Bild: Pexels / Rawpixel - Lizenz
Eigentlich ist es nach dieser Überschrift bereits vorbei. Wie kann er es wagen? Häresie, Frevel, Proselytismus. Er hat Jehova gesagt! In der agilen Community ist es mittlerweile ein Allgemeinplatz, dass Agilität ein Mindset ist, eine Geisteshaltung und eben kein Regelwerk und keine Methode. Basta! Naja. Dem zweiten Teil dieser Aussage würde ich sogar zustimmen, Agilität ist tatsächlich keine durch Regeln definierte Methodik. Dem ersten Teil widerspreche ich aber, ein Mindset ist es auch nicht. Eine bestimmte Geisteshaltung ist zwar eine Voraussetzung, alleine für sich genommen bewirkt diese aber noch gar nichts.

Schauen wir uns das Ganze näher an. Das Wort "agil" hat eine Bedeutung: beweglich oder reaktionsschnell. Ohne Kontext ist das noch sehr unspezifisch. Bin ich bereits agil wenn ich in der Lage bin bei Bedarf meine Meinung schnell zu ändern? Wohl kaum. Es braucht also Zusatzparameter. Für den Kontext von XP, Scrum & Co wurden diese im legendären Manifesto for Agile Software Development geliefert, und zwar anders als man bei erstmaligem Lesen denken könnte nicht nur mit Schwerpunkt auf geistiger Haltung sondern auch mit einem klaren Fokus auf zu erzielenden Ergebnissen.

Vor den berühmten vier Gegensatzpaaren steht auf seiner ersten Seite der Satz: "We are uncovering better ways of developing software by doing it and helping others do it." und genau das ist der Punkt - im Sinn seiner Urheber definiert sich Agilität durch das Liefern von Ergebnissen (Software) und durch das ständige Verbessern dieses Lieferungsprozesses. Auf der zweiten Seite wird das sogar noch genauer ausgeführt: ... early and continuous delivery ..., ... changing requirements, even late in development ..., ... working software is the primary measure of progress ..., und so weiter. Wer mag kann es dort nachlesen.

Warum diese Betonung des Delivery-Aspekts wichtig ist erkennt man an einem in vielen Organisationen zu hörenden Spruch: "Wir sind ja agil, sind offen für geänderte Anforderungen, machen Retros, hinterfragen Regeln, etc - aber wegen der gesetzlichen Vorschriften / wegen unserer Vorgesetzten / wegen unserer veralteten Anwendungen releasen wir nur zweimal pro Jahr." Das Mindset wird an dieser Stelle zu einem Teil einer Selbsttäuschung, die man so formulieren könnte: "Dass wir nur alle paar Monate neue Funktionen zum Anwender bringen ist zwar schade, es hindert uns aber nicht daran Agil zu sein, denn wir haben ja die richtige Geisteshaltung."

Um dieser Selbsttäuschung vorzubeugen rate ich mittlerweile dazu, den Satz Agile is a mindset nicht mehr zu verwenden. In meiner Sicht der Dinge ist Agilität die Fähigkeit sich schnell und unbürokratisch an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen um kontinuierlich Mehrwert liefern zu können. Wie oben gesagt, ein bestimmtes Mindset ist dafür eine von mehreren Voraussetzungen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und wenn die genannte Anpassungs- und Lieferfähigkeit nicht da ist, dann ist man nicht agil, egal wie offen und flexibel die Geisteshaltung ist.

Darum: Agile is not a mindset.

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