Donnerstag, 17. Januar 2019

Stalemate Machine

Bild: Wikimedia Commons / US Army - CC0 1.0
Sucht man nach beispielhaften fehlgeschlagenen Grossvorhaben ist eines zwar nicht auf den ersten Blick naheliegend, in vieler Hinsicht aber gut geeignet: der verlorene Krieg der USA in Vietnam. Was nötig gewesen wäre, um ihn zu gewinnen wird zwar für immer Spekulation bleiben, viele Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass er verloren wurde, kennt man aber. Um einen davon soll es hier gehen, die so genannte "Stalemate-Machine", sinngemäss übersetzt den "Stillstands-Generator".

Der Hintergrund dieses Phänomens war der steigende Unwille in der amerikanischen Bevölkerung und Regierung, in diesen Krieg zu investieren. Dieser übertrug sich auch auf die Politik: aus Sorge um ihre Wiederwahl wollten die Regierungen der 60er und 70er Jahre nicht mit immer höheren Kosten an Leben und Geld in Verbindung gebracht werden. Ihr Ziel war es also, diese Kosten möglichst gering zu halten. Die Kriegsführung wurde entsprechend angepasst.

So lange es irgendwie möglich war, wurde die Beteiligung amerikanischer Einheiten daher gering gehalten, Auseinandersetzungen sollten in erster Linie von einheimischen Truppen ausgetragen werden. Erst wenn diese am Rand der Niederlage standen, erfolgte ein Eingreifen der Amerikaner. Sobald die Situation dadurch wieder unter Kontrolle war, zogen sie sich zurück, was ihren Gegnern die Neugruppierung ermöglichte.

Der Militär-Analyst und Whistleblower Daniel Ellsberg hat für diese Strategie den Begriff der Stalemate-Machine geprägt. Wegen der Möglichkeit bei drohenden Niederlagen einzugreifen konnte der Krieg nicht verloren werden, wegen der fehlenden Bereitschaft ohne drohende Niederlage grössere Operationen durchzuführen war er aber auch nicht zu gewinnen. Die Folge war ein "stillstehender Krieg" ohne eindeutige Gewinner und Verlierer.

Die Parallelen zur Wirtschaft sind in vielen Unternehmen offensichtlich. Auch hier wird häufig der Punkt erreicht, an dem ein Projekt oder Vorhaben so viel gekostet hat, dass weitere Ausgaben in Management-Runden nur schwer zu vermitteln sind. Es bekommt von da an nur noch überschaubare Beträge genehmigt, damit es aus den Bilanzen weniger heraussticht. Bedingt dadurch gerät es weiter in Verzug, was nur noch bei wichtigen Deadlines zu kurzfristigen Hau-Ruck-Aktionen führt, die schnell wieder vorbei sind.

Der grosse Vorteil im Vergleich zum Militär ist an dieser Stelle: man könnte ohne ethische Bedenken diesen Krisenmodus verlassen und eine angemessen moderate, dafür aber permanente Finanzierung sichern. Man müsste nur wollen. Noch besser wäre es, es gar nicht so weit kommen zu lassen und von Beginn an massvoll aber stetig zu investieren. Damit würde es gar nicht erst zum Stalemate kommen.

Related Articles