Dienstag, 11. Juli 2023

Computer Aided Design und Digital Prototyping

Bild: National Archives / Combined Military Service Digital Photographic Files - CC0 1.0
Eine der grundlegenden agilen Praktiken ist das in kleinen Schritten vorangetriebene Inspect & Adapt. Man bringt eine neue Produkt-Version zum Kunden oder Anwender und schaut sich an was der damit macht. Wenn dieser Realitätstest überstanden wird kommt die nächste Version, wenn nicht wird die letzte überarbeitet. Aber was macht man, wenn das nicht geht oder es sehr teuer wäre?


Vor allem im Hardware-Bereich gibt es immer wieder derartige Fälle, was nicht nur die Entwicklung von Prototypen von Maschinen, Fahrzeugen und Geräten umfasst, sondern auch die von Bauwerken und Gebäuden. Zum Einen können die eingebauten Rohstoffe teuer sein, zum anderen sind die Einzelteile fest miteinender verbunden, um Belastbarkeit und Stabilität zu gewährleitsten. Ein "Auseinandernehmen und neu Zusammensetzen" geht also nicht so einfach.


Will man sich nicht darauf verlassen, alles beim ersten mal richtig zu machen (was, wenn es nicht klappt, gerade bei Bauwerken richtig teuer werden kann)  braucht man also eine Alternative, mit der man einem Inspect & Adapt zumindest nahe kommen kann. Eine mittlerweile weit verbreitete ist das so genannte Computer Aided Design (CAD), bei dem ein neues Gebäude-, Maschinen- oder Gerätebau-Vorhaben vor der eigentlichen Umsetzung durch mehrere digitale Simulations-Durchläufe geht.


Die entsprechenden Erfahrungswerte vorausgesetzt können damit eine ganze Reihe von Annahmen im Voraus überprüft, gegebenenfalls angepasst und erneut überprüft werden, noch bevor die eigentliche Konstruktion begonnen hat. Die häufigsten dertigen Überprüfungen beziehen sich auf Statik und Stabilität, es sind aber auch zahlreiche andere denkbar, vom voraussichtlichen Materialverschleiss bis hin zum Verhalten von Menschenmengen oder Luftströmen in einem Gebäude.


Natürlich kann man auf diese Weise nicht alles vorhersehen, was später in der Realität eintreffen wird, zumindest einen Teil der Validierungen kann man aber vorwegnehmen. Ein Fall, der das nachvollziehbar macht, ist der Wind-Widerstand von Hochhäusern, der erst ab einer bestimmten Höhe des Baus spürbar wird. Da übliche Windrichtungen und -stärken bekannt sind, ist es möglich, den Bauplan so lange zu optimieren, bis zu starke Schwankungen des fertigen Gebäudes im Voraus auszuschliessen sind.


Ein anderer Einsatzbereich ist die Berechnung möglicher Varianten eines bestehenden Hardware-Produkts, z.B. eines Fahrzeugs, einer Maschine oder eines Haushaltgeräts. Sollen diese besonders günstig, leistungsstark, robust, umweltfreundlich oder sparsam im Verbrauch sein, kann auf Basis des bestehenden Produkts ein digitaler Protyp entwickelt werden, mit dem die gewünschte Variante auf Umsetzbarkeit und mögliche Probleme überprüft wird.


Mit Hilfe derartiger Vorgehensweisen lässt sich das erreichen, was der auf dieser Website schon mehrfach erwähnte Grossprojekt-Forscher Bent Flyvbjerg "thinking slow, acting fast" genannt hat, also eine schnelle Umsetzung hochkomplexer Vorhaben durch eine auf Virtualisierung beruhende Validierung von Annahmen noch im Planungszeitraum. Noch mehr Shift Left geht nicht.

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