Kommentierte Links (CX)
Das Internet ist voll von Menschen, die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die erwähnenswertesten.
Vor einigen Jahren hatte ich ab und zu auch Meldungen in die Kommentierten Links aufgenommen, in denen es um dramatische Folgen von Software-Fehlern ging, z.B.
um Flugzeugabstürze oder um die
versehentliche Entlassung von Verbrechern aus Gefängnissen. Diese Nachricht hier ist so krass, dass ich diese Kategorie wieder aufleben lasse: 700 Leiter von britischen Postfilialen wurden aufgrund fehlerhafter Software zu Unrecht wegen Unterschlagung verurteilt, einige davon zu Gefängnisstrafen. Berufliche Existenzen wurden zerstört, Reputationen ruiniert, Ehen gingen in die Brüche. Irrsinnig.
Eine Fallstudie zu selbstorganisiertem Arbeiten, die anders ist als die meisten von denen man sonst so hört, alleine weil der Kontext ein anderer ist als der übliche (IT-Abteilungen, Krankenpfleger, etc). Die Gruppe um die es hier geht ist die Redaktion des Online-Magazins
Kraureporter, in dem alle leitenden Positionen abgeschafft wurden. Stattdessen arbeiten in einem entfernt auf Scrum basierten Arbeitsmodus drei Teams an der Recherche und dem Verfassen von Texten, übergreifende Entscheidungen werden in einem strukturierten Beteiligungsverfahren getroffen. Spannend zu lesen, von solchen Experimenten würde ich gerne mehr hören.
Völlig zu Recht beschreibt Stephanie Ockermann ihre Beobachtung als eines der schmutzigen Geheimnisse vieler Agile Coaches: wenn sie das Gefühl haben, ihren Teams helfen zu können, indem sie ihnen bestimmte Herausforderungen abnehmen, dann tun sie das - und untergraben damit die Selbstorganisation und Problemlösungskompetenz ihrer Coachees. Dieses Verhalten ist gut gemeint und menschlich, trotzdem ist es eines das man sich abgewöhnen sollte, sobald man es an sich selbst entdeckt. Der Text enthält auch eine kleine Anleitung dazu, wie man es entdecken kann und wie man sich selbst zu mehr Zurückhaltung bringt.
Apropos Beobachtungen allzu menschlichen Verhaltens. Auch Jeff Gothelf hat eine solche gemacht, und zwar die, dass das was Menschen sich vornehmen und das was sie dann tun sehr weit auseinanderliegen können, allerdings nicht weil sie unaufrichtig sind, sondern weil die Rahmenbedingungen sich so unerwartet entwickeln können, dass ein anderes Verhalten als das ursprünglich geplante plötzlich viel naheliegender ist. Ein Fall den er besonders hervorhebt, ist die in Kundeninterviews erfragte Bereitschaft neue Funktionen zu nutzen. Die sollte anders validiert werden als durch eine blosse Absichtserklärung, wenn sie eine Aussagekraft haben soll.
Eines der grossen Themen dieses Winters ist das (mal wieder) von einigen Menschen marktschreierisch vorgetragene Ende der
agilen Bewegung. Geoff Watts versucht zu ergründen was hinter diesen Aussagen steckt und trägt einige Gründe zusammen: mit Missverständnissen verknüpfte falsche Hoffnungen, die Versuche die agilen Frameworks an Stellen einzusetzen an denen sie gar keinen Sinn machen und die über das Ziel hinausgeschossene Kommerzialisierung. Gleichzeitig streicht er heraus, dass die Gründe wegen denen die agilen Vorgensweisen nötig geworden sind unverändert weiter existieren, und agiles Arbeiten (unter welchem Namen auch immer) weiter nötig machen. Passend dazu:
ein Artikel von Barry Overeem, in dem er beschreibt, wie man sich aus den "Agile is Dead"-Debatten befreien kann.