Montag, 22. November 2021

Der Vorteil von SAFe (II)

Dass das Scaled Agile Framework (SAFe) in der agilen Community eher kritisch gesehen wird dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Es zu bashen gehört mittlerweile fast schon zum guten Ton, was dazu führt, dass es leider nur noch sehr einseitig betrachtet wird. Man kann ihm nämlich auch positive Aspekte abgewinnen, darunter einen der auf den ersten Blick überraschend wirkt - SAFe ist einfach zu erklären und zu verstehen.


Überraschend ist das deshalb weil in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem das grosse Wimmelbild auf der Startseite von scaledagileframework.com bekannt geworden ist. Das als Grundlage einer einfachen Erklärung zu nutzen wäre tatsächlich eine Herausforderung. Was dabei allerdings oft übersehen wird ist, dass diese Übersicht stark mit Elementen überladen ist die optional sind oder bei denen es sich um Implementierungsdetails handelt. Um SAFe zu verstehen braucht man nur wenige.


Fangen wir oben an, bei einem Teil der zentral ist und in keiner Umsetzungen vernachlässigt werden sollte: dem Portfolio Kanban. Sein Design kann sich zwar je nach Fall unterscheiden, wichtig ist aber, dass hier die grossen Arbeitspakete (Epics) der zur Zeit umgesetzten Initiativen von links nach rechts wandern. Idealerweise wird diese Übersicht genutzt um zu verhindern, dass zu viele gleichzeitig begonnen werden, so dass mehr Focus und weniger Multitasking entstehen.


Bei der Organisation der Umsetzung tritt eine zentrale Annahme von SAFe in den Vordergrund: die, dass es einzelnen Team in kurzen Zeiträumen nicht möglich ist Arbeitspakete von relevantem Wert abzuschliessen. Aus diesem Grund wird eine doppelte Gruppierung vorgenommen - jeweils mehrere Teams arbeiten über mehrere aufeinanderfolgende Kurz-Zeiträume an einem solchen Arbeitspaket. Der Name einer solchen Gruppierung ist Release Train, die Zeitspanne nennt sich Program Increment (PI).


Damit die Teams eines Release Trains nicht nur gemeinsame Umsetzungszeiträume haben sondern auch an zusammengehörigen Themen arbeiten (und dabei die untereinander bestehenden Abhängigkeiten berücksichtigen) findet zu Beginn jedes Program Increments eine gemeinsame Planung statt, das PI Planning, bzw. Big Room Planning. Ggf. können begleitend dazu auch Retrospektiven stattfinden, entweder davor (für das letzte PI) oder danach (für das PI Planning selbst).


In der Theorie arbeiten die einzelnen Teams zwischen zwei PI Plannings nach Scrum (in mehreren Sprints), de facto ist dieser Arbeitsmodus aber stark beschnitten, da die Integration in einen Release Train dafür sorgt, dass die eigentlich vorgesehene Team-Autonomie nur noch eingeschränkt möglich ist. Vor allem die Kompetenzen des Product Owners und Scrum Masters werden zum Teil auf entsprechende Koordinationsrollen im Release Train übertragen, den Product Manager und den Release Train Engineer.


Und das ist sie auch schon, die einfache Erklärung von SAFe in nur vier Absätzen. Wendet man diesen Erklärungsansatz an hat das zwei Vorteile: zum Ersten den, dass erkennbar wird, dass sich hinter dem unübersichtlichen offiziellen Übersichtsbild eigentlich nur ein relativ einfacher Skalierungsansatz verbirgt. Hat man den erfasst wird es auch einfacher zu beurteilen welche der zahlreichen anderen Elemente man nutzen will und welche nicht.


Zum anderen kann man die zentrale Annahme von SAFe herausstreichen: die, dass es einzelnen Team in kurzen Zeiträumen nicht möglich ist Arbeitspakete von relevantem Wert abzuschliessen, weshalb sie in Release Trains und Program Incrementen zusammengekoppelt werden. Und an dieser Stelle wird diese einfache Erklärung auch für die SAFe-Skeptiker interessant - wenn sie belegen können, dass die Teams dazu doch in der Lage sind, entfällt die Notwendigkeit SAFe einzuführen.


Umgekehrt betrachtet: dort wo einzelne Teams nicht in der Lage sind in einzelnen Sprints Mehrwert abzuliefern ist SAFe zumindest eine Option. Ob es die richtige ist muss sich im Vergleich mit anderen Skalierungsframeworks klären, deren Befürworter dann in der Lage sein sollten sie ähnlich einfach zu erklären wie das bei SAFe möglich ist.

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