Kommentierte Links (LXXX)
Das Internet ist voll von Menschen die interessante, tiefgründige oder aus anderen Gründen lesenswerte Artikel schreiben. Viele dieser Texte landen bei mir, wo sie als „Food for Thought“ dazu beitragen, dass auch mir die Themen nicht ausgehen. Wie am Ende jedes Monats gibt es auch diesesmal wieder eine kommentierte Übersicht über die erwähnenswertesten.
Die meisten Menschen die schon einmal in einer agilen Transformation mitgearbeitet haben werden Steve Denning vermutlich zustimmen: ein gesamtes Unternehmen in einem einzigen Grossprojekt umzubauen ist eine eher schlechte Idee, vor allem wenn damit ein einziger Stichtag verbunden ist, ab dem auf einmal alles anders funktionieren soll als vorher. Die Realität ist aber, dass es immer wieder versucht wird, derartige Vorhaben passen einfach zu gut zu den Planungs- und Budhetierungs-Routinen grosser Organisationen. Denning macht etwas Verdienstvolles und versachlicht diese Diskussion indem er reale Fälle betrachtet, darunter auch den der ING, der in den letzten Jahren häufig als Beispiel für eine gelungene Transformation genannt wird.
Ein häufiges Argument gegen kleine, flexible Planungs- und Durchführungsprozesse ist, dass diese nur in eher kleinen Vorhaben möglich wären, in grossen gäbe es zu viele zu berücksichtigende Faktoren und Abhägigkeiten, die einen langem Planungsvorlauf und eine sich eng daran orientierende Ausführung erfordern würden. Bent Flyvbjerg, ein Oxford-Professor dessen Forschungsschwerpunkt Grossprojekte sind, widerspricht dem deutlich. An drei Beispielen (dem Bau einer Autofabrik, dem Bau einer Ubahn-Linie und der Entwicklung eines Satelliten) zeigt er auf, dass die in vielen agilen Teams üblichen Praktiken auch im Grossen anwendbar sind - wenn man es denn will.
Die aufkommende
Product Operations-Bewegung scheint irgendetwas bei Marty Cagan getriggert zu haben. Mit Verweis auf sie eröffnet er eine alte Debatte erneut - braucht man wirklich diese ganzen Leute die sich nur um Projekt- und Prozessmanagement kümmern und keine "echte Arbeit" machen? Jenseits dieses steilen Aufhängers ist der Artikel durchaus ausgewogen (er macht am Ende klar, dass man diese "Prozessmenschen" trotz allem braucht), er zeigt aber drei zentrale Probleme der eher prozesslastigen Ansätze auf: 1.) in vielen Firmen sind Prozessmanager (oder Scrum Master, ProductOps, etc) eher Management-unerfahren, was der Bedeutung nicht gerecht wird, 2.) häufig werden dorthin nur Tätigkeiten abgeschoben die anderen Managern lästig sind, und 3.) formalisierte Prozesse neigen dazu ein Eigenleben zu entwickeln. Man kann ihm da nur schwer widersprechen.
Irgendwann ist mal der Mythos in die Welt gesetzt worden, dass agile Produktentwicklung und fester Preisrahmen nicht kompatibel wären. Im agilen Vorgehen müsste man sich schliesslich immer anpassen können wenn die Realität sich ändert, was mit einem Fixpreis nicht möglich wäre. Mike Cohn zeigt in seinem Blog auf, dass das sehr wohl möglich ist, und das nicht nur auf praktischer sondern auch auf theoretischer Ebene. Zuerst macht er die richtige Feststellung, dass der kategorische Auschluss bestimmter Finanzierungskonstellationen selbst nicht sonderlich agil wäre, danach untersucht er das Gründungsdokument der agilen Softwareentwicklung, das
agile Manifest, nach Unvereinbarkeitserklärungen. Spoiler: er findet keine.
Man könnte denken, dass irgendwann alle Möglichkeiten ein Board zu gestalten (das Informations-Werkzeug, nicht das Gremium) entdeckt worden sind. Tatsächlich gibt es aber immer wieder neue Ideen, die der Anwendung zusätzliche Dimensionen hinzufügen können. Diesesmal von Jeff Patton, mit dem Ziel im Produktmanagement Aufwand und Ergebnis miteinander zu verknüpfen.