Dienstag, 14. Oktober 2025

Flooding the Zone (II)

Bild: Wikimedia Commons / Katsushika Hokusai - Public Domain

Noch einmal einige Gedanken zum Flooding the Zone, also zu einem derartigen Überladen einer Diskussion mit Themen, dass es nicht mehr möglich ist, sich auf eines davon zu konzentrieren um es auszudiskutieren oder zu einer Massnahme oder Lösung zu kommen. In sehr vielen Fällen ist dieses Phänomen ein Ausdruck einer destuktiven Einstellung, es gibt aber auch Fälle, in denen es stattfindet ohne dass eine negative Absicht dahintersteht.


Eine häufige Ursache dafür ist, dass ein Gesprächsteilnehmer seit langem keine Möglichkeit mehr gehabt hat, seine Einwände oder Bedenken vorzubringen (weil das von anderen unterbunden wurde, weil er nicht in die dafür geeigneten Termine eingeladen wurde, weil er erst seine Introvertiertheit überwinden musste - es kann viele Gründe dafür geben). Ihn dann darum zu bitten kann einen Dammbruch zur Folge haben, der erstmal alles an die Oberfläche bringt was sich aufgestaut hat. 


Eine anderer Grund kann sein, dass der Gesprächsteilnehmer die Erfahrung gemacht hat, dass er im Durchschnitt nur ein- oder zweimal pro Meeting zu Wort kommt, z.B. weil die strukturell mit Themen überladen sind oder mit zu vielen Teilnehmern stattfinden. In derartigen Fällen hat er einen starken Anreiz, sofort alles vorzubringen, was irgendwann im Gespräch wichtig werden könnte, da er nicht sicher sein kann, ein zweites mal die Gelegenheit dazu zu haben.


Eine dritte mögliche Ursache ist, dass durch solche Momente Probleme der Unternehmenskultur sichtbar werden. Wenn z.B. dem ersten, der ein konfliktlastiges Thema anspricht, sein Standpunkt am meisten geglaubt wird, dann kann das einen Wettlauf zum Mikrofon mit anschliessendem thematischem Rundumschlag zur Folge haben. Das ist im übrigen auch dann das Ergebnis, wenn dieses Kulturproblem gar nicht existiert, es aber irrigerweise unterstellt wird.


Abhängig davon, welche dieser Konstellationen gegeben ist (was sich allerdings nicht immer einfach herausfinden lässt) sind verschiedene Herangehensweisen sinnvoll, um das Flooding the Zone in den Griff zu bekommen. Sinnvoll ist in jedem Fall eine vorher gemeinsam Agenda, bei der den einzelnen Themen realistische Zeiträume zugeordnet sind (womit auch klar ist, worüber nicht geredet wird). Mit Berufung darauf lassen sich zeitlich oder inhaltlich ausufernde Beiträge einfacher abmoderieren.


Ebenfalls hilfreich ist es, wegmoderierte Themen öffentlich sichtbar zu "parken", z.B. auf einer Wand mit entsprechend beschrifteten Post Its oder Moderationskarten. Dadurch wird denjenigen, die sie eingebracht haben, die Sorge genommen, dass sie unter den Tisch fallen könnten. Ggf. kann am Ende des Termins sogar schon festgelegt werden, wann diese Themen stattdessen behandelt werden, auch in welchem Umfang und mit welcher Reihenfolge.


Das meiste Fingerspitzengefühl ist nötig, wenn das Flooding the Zone auf eine problematische Unternehmenskultur zurückgeht. Ein einigermassen erfolgsversprechendes Mittel in derartigen Fällen ist es, die nicht in der Agenda vorgesehenen Debatten konsequent aus der Ergebnis-Dokumentation herauszuhalten, wodurch ein derartiges Verhalten seinen Mehrwert verliert. Um so wichtiger ist in solchen Fällen der Verweis auf einen späteren Zeitpunkt für die Besprechung.


Erfahrungsgemäss kann diese Art, mit zeitlich und inhaltlich ausufernden Wortbeiträgen umzugehen, nach und nach zu einer Verbesserung führen, selbst wenn es zu Beginn eine Zeit lang zu Unzufriedenheit und Widerspruch kommt. Man muss sich dabei aber bewusst machen, dass ein derartiges Verhalten in der Regel über eine längere Zeit entstanden ist, und es dadurch auch entsprechend dauern kann, bis es wieder verschwunden ist.

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