Montag, 28. August 2023
Remote Working Approaches That Worked And Some That Didn’t
Wenn es zu Diskussionen über das Thema Remote Work kommt, bewegen sich die Diskussionen häufig in den Extremen. Viele Personen sehen seit dem Corona-Lockdown den Beweis erbracht, dass es problemlos möglich ist und nie wieder aufhören muss, andere weisen auf die zweifelslos vorhandenen Probleme hin und leiten daraus ab, dass das Konzept grundsätzlich problematisch ist. Charles Humble liefert mit diesem Vortrag dankenswerterweise eine deutlich differenzierte Betrachtung ab und setzt Vorteile, Nachteile und Rahmenbedingungen in Bezug zueinander.
Was man aus seinen Ausführungen unter anderem mitnehmen kann ist, dass sowohl Remote Work als auch Präsenzarbeit bestimmte Rahmenbedingungen brauchen wenn sie effektiv sein sollen, sei es in Form von Kommunikations- und Zusammenarbeits-Vereinbarungen, durch das Vorhandensein von Räumen in denen konzentrierte Arbeit möglich ist oder durch gutes Onboarding. Daran zu arbeiten dürfte in fast allen Fällen zielführender sein als die Grundsatzdebatten darüber welcher Arbeitsmodus im Prinzip besser ist.
Donnerstag, 10. Juni 2021
Warum die Menschen nicht zurück ins Büro wollen
Bild: Wikimedia Commons / Peter Bennet - CC BY 3.0 |
Wenn grosse Organisationen ihre Angestellten für eine längere Zeit ins Home Office geschickt haben (sei es wegen Pandemien, Bauarbeiten, Überbelegung der Büros oder aus anderen Gründen) kommt es gegen Ende dieser Phasen oft zu interessanten Meinungsbildern. Auf der einen Seite gibt es eine starke Unzufriedenheit mit der Ineffektivität und sozialen Isolation, die Heimarbeit mit sich bringt, auf der anderen Seite einen starken Widerwillen gegen die Rückkehr zur durchgehenden Präsenzarbeit.
Warum das so ist dürfte sich zwar von Fall zu Fall unterscheiden, nachdem ich in den letzten 15 Jahren eine ganze Reihe derartiger Fälle erlebt habe, habe ich aber eine These entwickelt: dass viele Menschen mittlerweile eine grosse Skepsis gegenüber der Präsenzarbeit haben, liegt stark daran, dass das was sie unter diesem Namen kennengelernt haben in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist, nämlich schlecht umgesetzte Remote- oder Hybrid-Arbeit.
Um das zu erklären bedarf es zunächst einer Definition: in der Kreativ- und Wissensarbeit findet Wertschöpfung in der Regel nicht durch einzelne Personen statt, sondern durch die Zusammenarbeit in Gruppen oder Teams. Präsenzarbeit muss in diesem Kontext also bedeuten, dass alle Beteiligten gemeinsam vor Ort sind. Sind auch nur Teile des Teams an einem anderen Ort, wird die Arbeit aller Beteiligten automatisch zu Remote-Arbeit, da die Abwesenden ja einbezogen werden müssen.
Und auch das muss definiert werden: "an einem anderen Ort" bedeutet eben nicht nur in einem anderen Land, einem anderen Standort oder zu Hause in der Wohnung. Es schliesst alles ein was nicht in Sicht- oder Rufweite (oder zumindest mit wenigen Schritten erreichbar) ist. Als Faustregel in der Wissensarbeit kann gelten: sobald andere Teammitglieder nicht mehr direkt ansprechbar sind sondern angerufen, angemailt oder angechattet werden müssen kann von eigentlicher Präsenzarbeit nicht mehr die Rede sein.
An dieser Stelle wird das Problem vieler grosser Organisationen offensichtlich. In den einen werden Mitarbeiter zu Projektteams zusammengefasst, die weiterhin bei ihren entsendenden Einheiten sitzen. In anderen wurden feste Arbeitsplätze abgeschafft, so dass man sich täglich einen neuen suchen muss - mit der Folge dass es für Teams schwer wird genug nebeneinanderliegende freie Plätze zu finden. Beides hat eine Verteilung der Teams über verschiedene Räume, Stockwerke oder Gebäude-Flügel zur Folge.
Selbst innerhalb eines Gebäudekomplexes führt diese geografische Verteilung dazu, dass mit den Kollegen auf dem gleichen Weg kommuniziert wird wie mit denen in anderen Standorten oder Ländern, also über Calls, Chats oder Mails. Der Vorteil des gemeinsamen Standorts schrumpft darauf zusammen, dass man einfacher Präsenzmeetings organisieren kann - was aber gemeinsame Präsenzarbeit nur zum Teil ersetzt und ausserdem oft an zu wenigen verfügbaren Meetingräumen scheitert.
Soweit zum ersten Teil der These: was für Präsenzarbeit gehalten wird, ist in vielen Fällen nichts anderes als Remote-(Zusammen-)Arbeit mit Kollegen die irgendwo verstreut im Gebäudekomplex sitzen. Aber es kommt noch ein zweiter Teil dazu, einer dessen Auswirkungen weitgehend unterschätzt werden - es ist nicht nur Remote-Arbeit sondern Remote-Arbeit unter schlechten Bedingungen, was deutliche Auswirkungen auf Effektivität und Ergebnisqualität hat.
Anders als zu Hause, wo man zwar einsam aber ungestört ist, führt das in Grossraum- und Gruppen-Büros stattfindende Zusammensitzen mit den Mitgliedern anderer Teams dazu, dass deren Telefonate und Video Calls mit ihren ebenfalls verstreut sitzende Teammitgliedern einen ständigen Hintergrundlärm erzeugen, gegen den nur noch Schallschutz-Kopfhörer helfen. Da es dadurch unmöglich gemacht wird ansprechbar zu sein verschwindet die direkte Kommunikation fast völlig. Dazu kommt der Stress.
Letztendlich ist es eine Loose-Loose-Situation: um rechtzeitig im Büro sein zu können fallen mit früh Aufstehen und langen Fahrtzeiten die negativen Effekte der Präsenzarbeit an, gleichzeitig bleiben nicht nur deren mögliche Vorteile aus, sondern die zwangsweise auch vor Ort stattfindende de facto-Remote-Arbeit ist sogar stressiger und unkomfortabler als sie es von zu Hause aus wäre. Wer kann es den Menschen verdenken wenn sie nicht zurück ins Büro wollen?
Heisst das also, dass es bei dauerhaftem Arbeiten von zu Hause aus bleiben soll? Auch nicht wirklich, denn hier entstehen andere Probleme. Besser wäre es in der Präsenzarbeit für Bedingungen zu sorgen, die dazu führen, dass sie ihren Namen wirklich verdient hat. Und dafür müsste man nicht einmal besonders innovativ sein, man müsste nur das beherzigen was schon vor einem Vierteljahrhundert als gut erkannt wurde. Es wäre höchste Zeit, die Büros entsprechend umzubauen, dann kommen die Mitarbeiter auch wieder gerne dorthin.
Montag, 3. Mai 2021
Das Remote-Produktivitäts-Paradox
Bild: Startup Stock Photos/Eric Bailey - CC0 1.0 |
Was die Auswirkungen von vermehrter oder sogar vollständiger Heimarbeit auf die Produktivität eines Unternehmens sind ist ein umstrittenes Thema. Bedingt durch die Vielzahl der verschiedenen einwirkenden Faktoren ist es schwer möglich zu sagen welche Effekte auf den Arbeitsort zurückgehen und welche auf begleitende Umstände wie z.B. die Corona-Pandemie 2020/2021. Praktisch alle Studien sind daher mit Vorsicht zu lesen.
Was wissenschaftliche Untersuchungen auch in diesem Umfeld können ist aber das Aufzeigen von Auffälligkeiten und scheinbaren Inkonsistenzen in den gesammelten Daten, die die Ausgangslage für weitere Nachforschungen bilden können. Ein aktueller derartiger Fall ist eine Metastudie der Deutschen Bank, deren Verfasser auf etwas gestossen sind das sie das "Produktivitäts-Paradox" nennen - obwohl sich die Angestellten im Home Office produktiv fühlen geht aus der Sicht ihrer Firmen die Produktivität im Vergleich zur Präsenzarbeit zurück.
Die Ursache für diese Diskrepanz dürfte erst mit weiteren Studien zu erklären sein, bis diese verfügbar sind lassen sich aber zumindest anhand anekdotischer Evidenz erklärende Hypothesen formulieren. Eine die ich aufgrund der Erfahrungen in mehreren Firmen für vielversprechend halte ist dabei diese: die unterschiedliche Wahrnehmung der Heimarbeits-Produktivität durch Angestelle und Firmen geht stark darauf zurück, dass die beiden Gruppen ein unterschiedliches Verständnis davon haben was Produktivität überhaupt ist.
Aus Angestellten-Perspektive wird Produktivität häufig gleichgesetzt mit der Menge an Zeit die für die Arbeit zur Verfügung steht. Da das Wegfallen der Abeitswege zum und im Büro (und umgekehrt die kurzen Wege in der eigenen Wohnung) dazu führen, dass mehr Zeit am Schreibtisch verbracht wird, kann sich das produktiver anfühlen. Verstärkt wird dieses dadurch, dass keine Kollegen im Raum sitzen von denen man von Aufgaben abgelenkt wird. Man hat nicht nur mehr Zeit, man erledigt auch mehr.
Auf der anderen Seite ist aus Firmensicht wichtiger, dass in der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit nicht nur Aufgaben erledigt werden sondern auch ein Ergebnis erzielt wird. Dass die Angestellten ausreichend Zeit zum Arbeiten haben und viele Aufträge erledigen ist zwar wichtig, wenn dabei aber keine (oder zu wenige) Produkte erzeugt oder Geschäftsprozesse erledigt werden geht das am Ziel vorbei. Produktivität entspricht in dieser Perspektive dem effektiven Einsatz von Zeit und Mitteln.
Wie diese abweichenden Verständnisse in der Realität entstehen können zeigt eine weitere Studie aus dem Jahr 2020: in 50 untersuchten IT-Teams führte die in der Corona-Pandemie eingeführte Heimarbeit dazu, dass zwar mehr Code geschrieben wurde (die Entwickler schafften es also viele Aufgaben zu erledigen), gleichzeitig war dieser aber in gesteigertem Ausmass fehlerhaft oder am Bedarf vorbei entwickelt (aus Firmensicht wurden also Zeit und Mittel ineffektiv genutzt).
Was die Verfasser als Ursache ausmachten würde auch ich aus meiner Erfahrung bestätigen: gerade das was aus individueller Perspektive als produktiver empfunden werden kann (vereinfacht gesagt: mehr Zeit alleine vor dem Computer) führt aus systemischer Perspektive dazu, dass die Produktivität zurückgeht, da informeller oder impliziter Informationsaustausch, spontane Reviews, Pair Programming und ähnliche effektivitätsfördernde Praktiken zurückgehen und nur schwer wieder zu etablieren sind.
Wie oben gesagt, verlässliche Daten gibt es noch nicht, sowohl die Studien als auch meine Erfahrungen sind eher Indikatoren als fertige Erkenntnisse. Zumindest sind sie aber ein erster Erklär-Ansatz für das Remote-Produktivitäts-Paradox, also dafür dass sich manche Menschen im Homeoffice produktiver fühlen als sie sind.
Montag, 4. Mai 2020
#Remotework als goldenes Zeitalter für Scrum Master und Agile Coaches
Bild: Wikimedia Commons / Levan Nioradze - CC BY-SA 2.0 |
Um das Offensichtlichste zuerst zu nennen: die Unsicherheit ist zurück. Ausgerechnet kurz nachdem es den Unternehmen (scheinbar) gelungen war die neue Strukturen verlangenden Innovationsprozesse in "Digitale Tochterunternehmen" auszulagern und die agilen Arbeitsweisen durch Hybrid-Ansätze wie SAFe zu "zähmen" wird die Arbeitswelt mit Wucht durcheinandergeworfen. Das Bonmot, dass Covid-19 ein stärkerer Veränderungstreiber ist als alle CEOs und CTOs ist nicht von der Hand zu weisen, und die noch immer gegebene Neuartigkeit und Ergebnisoffenheit der Situation lässt fürs erste nur ein tastendes, ausprobierendes Vorgehen zu. Ob unter diesem Namen oder nicht, Firmen müssen sich jetzt agil verhalten um zu überleben und brauchen dafür Fachkräfte die wissen wie das geht.
Es gibt einen grossen Sprung nach vorne in der Digitalisierung: die vorher im gemeinsamen Büro stattfindende Kommunikation muss in online-gestützte Tools verlagert werden. Dabei ist es nicht damit getan Zoom, Slack und Jira einzuführen, es geht auch darum zu verhindern, dass sie Informationsflüsse einengen oder verfremden, es muss den Teams dabei geholfen werden Vereinbarungen zu treffen was auf welchem Kanal kommuniziert wird und es müssen Möglichkeiten erarbeitet und ständig optimiert werden Formate wie Refinements oder Retrospektiven mit ihnen abzuhalten. Und als wäre das nicht schon genug zu tun kommt dazu manchmal noch der Punkt, dass Manager daran gehindert werden müssen die digitalen Tools für übergriffige Überwachungsmassnahmen zu benutzen.
Weniger sichtbar aber mindestens genausowichtig ist die menschliche Seite der verteilten Zusammenarbeit. Auch hier gibt es mehr und weniger offensichtliche Aspekte. Zu den ersten gehört, dass auch introvertierten und leisen Kollegen die Möglichkeit gegeben wird sich online in Diskussionen und Entscheidungen einzubringen, zu den zweiten gehört das Erkennen und Kompensieren möglicher negativer Auswirkungen der heimischen Isolation. Dass diese existieren ist bekannt: der Wegfall informeller Kommunikation sowie die Unpersönlichkeit und Künstlichkeit der "Unterhaltung mit dem Bildschirm" können belastend sein und im schlimmsten Fall krank machen. Dem durch Einzelgespräche, Online-Teamevents oder ähnliche Massnahmen zu begegnen muss in einem Remote-Setting zum Repertoire eines Scrum Masters oder Agile Coaches gehören.
Als weiteres Themengebiet kommt die Erhaltung der Liefer- und Reaktionsfähigkeit der Entwicklungsteams und -abteilungen dazu. Eine erste Studie lässt befürchten, dass Remote-Arbeit hier negative Effekte haben kann: ihr zufolge werden Releases grösser und seltener, Durchlaufzeiten steigen und Nacharbeiten werden häufiger. Den Entwicklern diese (sich oft schleichend entwickelnden) Probleme und ihre möglichen Konsequenzen bewusst zu machen und mit ihnen Gegenmassnahmen zu erarbeiten dürfte von zentraler Bedeutung für Effektivität, Produktivität und Qualität der Arbeitsergebnisse sein und damit auch Auswirkungen auf Markterfolg und Zukunftsfähigkeit des ganzen Unternehmens haben. Gerade in der gegenwärtig angespannten wirtschaftlichen Lage ein gewichtiges Argument dafür, "den Methodiker" nicht wegzusparen sondern aufzuwerten.
Zusammengefasst: auch und gerade in der neuen Remote-Arbeitswelt gibt es mehr als genug zu tun für Scrum Master oder Agile Coaches, alleine das sollte Grund genug sein sie willkommenzuheissen. Es kommt aber noch ein weiterer dazu - wir werden zur Zeit aus unserer Komfortzone herausgestossen. Denn machen wir uns nichts vor, sich nicht mit Tools zu beschäftigen, Moderationen ins Team zu delegieren und sich aus technischen Themen herauszuhalten kann zwar gut begründet werden, es ist aber für den der all das unterlässt auch sehr bequem. Diese Bequemlichkeit gegen eine ungewohnte, fordernde und lernintensive Arbeitswelt einzutauschen mag Manchen erschrecken, es ist aber nicht das Schlechteste was uns passieren konnte, ganz im Gegenteil.
Montag, 20. April 2020
Die Probleme des Home Office
Bild: Kaboompics / Karolina Grabowska - CC0 1.0 |
Der offensichtlichste Grund der dagegen spricht, dass sich das Homeoffice dauerhaft durchsetzen wird ist die Infrastruktur. Anders als z.B. in den Niederlanden oder Südkorea ist die in Deutschland geprägt von Kupferkabeln und Funklöchern. Sowohl die Übertragung grösserer Datenmengen als auch die Durchführung von Remote-Meetings sind dadurch oft schwer bis unmöglich. Vor allem auf dem Land aber auch in erstaunlich vielen Städten ist man zu Hause praktisch von der Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen, Kunden und Geschäftspartnern abgeschnitten.
Der zweitwichtigste, dafür aber am meisten unterschätzte, ist der, dass die Homeoffice-Fähigkeit stark vom sozialen Status abhängt. Berufe in den verschiedenen Niedriglohnsektoren (Telefonisten, Journalisten, Werbetexter, Sicherheitskräfte, Klicktester) haben häufig Wohnungen in denen ein gewisser Geräuschpegel herrscht (v.A. Verkehrslärm) oder die so klein oder so ungünstig geschnitten sind, dass ergonomische Arbeitsplätze sich hier nur schlecht einrichten lassen. Ist der Job ein freiberuflicher gibt es das zusätzliche Problem, dass die technische Ausrüstung oft nicht finanzierbar ist.
Selbst bei besser bezahlten Berufen kommt dazu, dass Heimarbeit vor allem dann funktioniert wenn man alleine und ungestört zu Hause ist. Arbeitet auch der Ehepartner aus der gemeinsamen Wohnung drohen die Telefonate und Meetings des jeweils anderen die eigenen zu überlagern oder die konzentrierten Ruhephasen zu stören. Und wenn sich ausserdem noch Kinder oder Haustiere in der Wohnung befinden kann von regelmässigen Unterbrechungen fest ausgegangen werden.
Sobald es um Berufe geht in denen mit sensiblen Daten gearbeitet wird tauchen noch Themen wie Datenschutz und Datensicherheit auf. Das beschränkt sich nicht nur auf technische Aspekte wie VPN oder Intranet-Zugriffe sondern hat erneut eine soziale Dimension: durch geöffnete Fenster und dünne Türen kann bereits mehr nach draussen dringen als man denkt, von den Kindern die Freunden und Mitschülern unbedacht von zu Hause erzählen ganz zu schweigen.
All diese Aspekte des Home Office sind bereits für sich genommen problematisch genug, dennoch muss man sich bewusst machen, dass sie nur an der Oberfläche kratzen. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich noch weitere schwerwiegende Schwierigkeiten wie der Verlust von Reaktionsgeschwindigkeit, Produktivität, Kommunikations-Qualität und sozialem Zusammenhalt (mehr dazu hier und hier). Zusammengenommen tragen alle diese Punkte dazu bei, dass viele Menschen und Firmen die Heimarbeit so schnell wie möglich wieder gegen das Büro eintauschen werden. Nicht weil New Work schlecht ist, sondern weil Home Office Voraussetzungen erfordert die oft nicht gegeben sind.
Donnerstag, 19. März 2020
Warum Meetings von verteilten Teams länger dauern
Bild: Pexels / Andrea Piacquadio - Lizenz |
Um dieses Verständnis zu bekommen bietet es sich an das Ganze von der anderen Seite aus zu betrachten - warum sprengen zusammensitzende Teams1 deutlich seltener die Timebox ihrer Meetings? Die vereinfachte Antwort: weil ihre Kommunikation grösstenteils ausserhalb dieser Termine stattfindet, so dass in ihnen ein ganz anderer Focus möglich ist. Und auch die Art dieses Informationsaustausches ausserhalb der Meetings kann man differenzieren, in beiläufige Kommunikation und implizite Kommunikation.
Das einfacher zu verstehende der beiden Konzepte ist die beiläufige Kommunikation. Darunter fällt jeder Austausch zu beruflichen Themen der ohne formellen Anlass stattfindet, meistens dann wenn die Beteiligten sich mehr oder weniger zufällig begegnen. In der Mittagspause, an der Kaffeemaschine, auf dem Weg vom Parkhaus zum Büro, etc. Gegebenenfalls kann sie auch spontan im Büro entstehen, z.B. mit der über den Tisch gerufenen Aufforderung "So, ich bin fertig. Willst Du es Dir ansehen?"
Implizite Kommunikation ist dagegen ein eher unsichtbarer und oft sogar unbeabsichtigter Austausch von Informationen. Dazu gehören Gestik und Mimik, durch die z.B. Begeisterung, Ablehnung oder Ratlosigkeit sehr effektiv übermittelt werden können, es gehören aber auch Informationsübermittlungen dazu für die man nicht einmal gleichzeitig in einem Raum anwesend sein muss. Der aus dem Besprechungszimmer herausschallende emotionale Ausbruch wäre ein Beispiel, oder die Spuren eines nicht zu Hause sondern spät im Büro eingenommenen Abendessens.
Diese beiden Kommunikationsformen fallen weg wenn die Teammitglieder nicht mehr zusammensitzen. Da die auf diese Art vermittelten Informationen (oder der sich aus ihrem Fehlen ergebende Klärungsbedarf) aber wichtig sind wird meistens versucht sie in dem einzigen gemeinsamen Forum auszutauschen das verblieben ist - den Meetings. Diese werden dadurch mit einer viel grösseren Anzahl von Themen überladen als vorher und dauern dementsprechend auch deutlich länger.
Sich über diese Mechanismen bewusst zu sein ist auch der erste Schritt auf dem Weg zur Lösung des Problems. Wenn sie den Beteiligten bewusst sind kann darauf aufbauend versucht werden sie zu kompensieren. Eine Möglichkeit ist z.B. eine gemeinsame "virtuelle Kaffeepause" am Nachmittag, also eine kurze Videokonferenz mit keinem anderen Zweck als einem schnellen Austausch ohne vorgegebene Agenda (z.B. als Lean Coffee), eine andere wäre eine digitale Instant Implementation Hour, in der kleinere Anliegen gebündelt werden können. Je nach Kontext gibt es aber noch viele weitere.
Mit ein bisschen Übung kann ein derartiges Vorgehen das Phänomen der ausufernden Remote-Meetings nicht nur abschwächen sondern sogar weitgehend kompensieren. An einer Stelle muss die Erwartungshaltung aber realistisch bleiben: so effektiv wie bei zusammensitzenden Teams wird die Kommunikation von Remote-Teams nie werden. Man kann aber versuchen dem so nahe zu kommen wie möglich.
1Die Rede ist hier von Teams die schon eine gewisse Erfahrung in agilem Arbeiten haben. Bei Teams in Umbruchphasen ist die Lage nochmal anders.